Anschober: Antigentests ab Donnerstag bei Hausärzten möglich
Ab morgen, Donnerstag, können Hausärzte in ihren Praxen auf freiwilliger Basis die neuen, deutlich schnelleren, Antigen-Tests zur Abklärung eines Corona-Verdachts einsetzen. Das gab Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) Mittwochmittag in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Susanne Rabady, Vizepräsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin, und Wolfgang Mückstein vom Primärversorgungszentrum Wien-Mariahilf bekannt.
Beide Mediziner gehören zu jener Gruppe, die den neuen Test in den vergangenen drei Wochen als Pilotprojekt - mit großem Erfolg, wie betont wurde - in ihren Praxen getestet haben. Damit können die Antigen-Tests ab sofort breit eingesetzt werden, sagte Anschober; die entsprechende Verordnung sei bereits unterzeichnet und abrufbar.
Schneller und günstiger
Die Vorteile der neuen Tests: Sie sind mit Kosten von etwa zehn Euro pro Test günstiger als PCR-Tests, wobei die Kosten von der Krankenkasse übernommen werden. Und sie sind auch deutlich schneller: Nach zehn bis maximal zwanzig Minuten liegt das Ergebnis vor. Damit sind die Antigen-Tests "ab sofort ein wichtiger Teil unserer Teststrategie", sagte Anschober.
Der Nachteil: Zwar hätte die Pilotphase hinsichtlich der Verlässlichkeit "positive und beruhigende Ergebnisse" geliefert, berichtete Mückstein, sämtliche positiven Antigen-Tests wären von nachfolgenden PCR-Tests validiert worden. Dennoch müssen positive Antigen-Tests vorerst auch weiterhin durch einen PCR-Test bestätigt werden.
Denn: Es gebe noch keine Studien über die Validität der neuen Tests. Dieses Problem werde sich jedoch hoffentlich in wenigen Wochen gelöst haben, sodass ein positiver Antigen-Test bald auch ohne darauf folgenden PCR-Nachtest anerkannt wird.
Zudem gebe es das Problem falsch negativer Antigen-Tests, sagte Mückstein. Das liege jedoch am Zeitpunkt des Abstrichs: Wird der Antigen-Test zwei bis drei Tage nach dem Auftreten von Symptomen durchgeführt, sei die Validierung deutlich höher; ist bereits mehr Zeit verstrichen, sei die Viruslast im Rachen oftmals bereits zu niedrig für den Antigen-Test.
Nachweis der Ansteckung
Das biete auf der anderen Seite die Chance, dass die neuen Tests - sofern sich die Ergebnisse der Pilotphase im breitflächigen Einsatz bestätigen - künftig nachweisen können, ob ein Patient infektiös sei oder nicht, so Mückstein: "Ich bin sehr zuversichtlich und überzeugt, dass das ein wesentlicher Schritt in der Diagnostik und der Bekämpfung von Covid sein wird."
Neben Hausarztpraxen werden die Antigen-Tests auch in Spitalsambulanzen, in Schulen sowie in Alters- und Pflegeheimen zum Einsatz kommen. Voraussetzung ist immer, dass der Test von medizinisch geschultem Fachpersonal durchgeführt wird.
Terminvereinbarung nötig
Wer sich beim Hausarzt testen lassen will, muss jedoch zuvor anrufen. Einerseits, um zu klären, ob er den Test überhaupt anbietet. Und andererseits, um einen Termin zu vereinbaren. Niemand solle mit Symptomen einfach in eine Praxis spazieren, betonten Anschober, Mückstein und Rabady einhellig; es gehe um den Schutz der Ärzte, ihrer Mitarbeiter und der übrigen Patienten.
Die Trennung von infektiösen und nicht infektiösen Patienten sei zentral, daher werden Patienten, die für einen Antigen-Test kommen, je nach Möglichkeit in der jeweiligen Praxis örtlich oder zeitlich getrennt.
Wie viele der niedergelassenen Ärzte mitmachen werden, sei noch nicht absehbar, hieß es. Sie wisse von "zögerlichen" Kollegen, sagte Rabady, doch sie sei zuversichtlich und optimistisch, "dass wir viele überzeugen können". Denn nicht nur ausreichende Antigen-Tests, sondern auch ausreichend Schutzausrüstung sei vorhanden und könne abgerufen werden.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner begrüßte in einer Aussendung die Strategie die Einführung der Schnelltests, immerhin habe sie bereits im September als erste heimische Politikerin den Einsatz der Antigen-Tests gefordert. Voraussetzung sei jedoch, dass diese zentral beschafft und vor dem Einsatz streng geprüft würden. Beides ist laut Anschober gegeben; die AGES prüft jeden Test eines neuen Lieferanten, die Bundesbeschaffungsbehörde kauft sie dann an.
Zudem fordert Rendi-Wagner den Einsatz der Tests insbesondere auch für Besucher von Pflegeheimen, wie es in Deutschland bereits explizit geplant sei. "Damit könnte der Isolierung von älteren und pflegebedürftigen Menschen entgegengewirkt werden", so die SPÖ-Chefin.
Fortschritte auch bei LAMP-Test
Neben den Antigen-Tests seien auch die ersten Ergebnisse der LAMP-Tests "vielversprechend", sagte Anschober. Diese in Wien entwickelten Tests können ohne Laborausrüstung und Expertenwissen eingesetzt werden und sollen bald in Pilotversuchen eingesetzt werden.
Dass es zunehmend mehr Testmethoden am Markt gibt, sei eine "positive Entwicklung", so Anschober. Mittlerweile habe Österreich beinahe zwei Millionen Tests durchgeführt, damit liege man "im vorderen Drittel in Europa" und ungefähr auf dem Niveau von Deutschland, der Schweiz oder Frankreich.
Der Gesundheitsminister setzt weiterhin auf "eine Teststrategie, die Prioritäten setzt", und keine, die in die Masse geht. Neben gezielten Testungen von symptomatischen und Kontaktpersonen werde es aber weiterhin Screeningtestungen besonders vulnerabler oder gefährdeter Gruppen geen.
Lage verschlechtert sich
Zu Beginn der Pressekonferenz war Anschober auf die aktuelle Situation eingegangen und hatte nichts Positives zu berichten: Die Pandemie nehme weiter an Fahrt auf, der Höhepunkt sei noch nicht erreicht. "Besonders besorgniserregend" sei, dass das Epizentrum mit einem Drittel der Neuinfektionen und damit mehr als in den USA, Brasilien und Indien zusammen momentan in Europa liege.
Auch in Österreich gab es heute mit 1.958 Neuinfektionen ein neues Rekordhoch zu verzeichnen. Anschober rief jedoch dazu auf, die Werte nicht mit jenen vom Frühjahr zu vergleichen, würde man doch viel mehr testen. Dennoch hätten die aktiven Fälle innerhalb einer Woche um 30 Prozent zugenommen und auch die Zahl der Hospitalisierungen nehme zu. Zumindest die Zahl derjenigen, die intensivmedizinische Betreuung benötigen, liege jedoch stabil und bei der Anzahl der freien Intensivbetten liege man in einem "guten Bereich".
Die Positivrate bei den Testungen steige stark und liege momentan bei neun Prozent, das sei "zu hoch". Nur mehr drei Bundesländer verzeichneten von Dienstag auf Mittwoch zweistellige Neuinfektionen, die übrigen lagen alle im dreistelligen Bereich.
Hoffen auf neue Maßnahmen
Anschober äußerte die Hoffnung, dass die neuen Schutzmaßnahmen, insbesondere die Einschränkungen von "Kleinveranstaltungen und Festen", greifen würden, es dauere jedoch zwei bis drei Wochen, bis sich neue Maßnahmen auch in den Zahlen niederschlagen würden.
Zusätzlich warb Anschober erneut für die "hochprofessionelle Risikoanalyse" durch die Ampelkommission und deren vorgelagerte medizinische Berater, um die "uns ganz Europa teilweise beneidet". Davon abgesehen brauche es jedoch wieder eine Grundstimmung wie im Frühling. Jeder einzelne sei jetzt gefragt, doch er glaube, "jetzt verstehen viele, jetzt muss ich persönlich meinen Beitrag leisten und ein Teil der Lösung sein".