Chronik/Österreich

Lebensgefährliches Extremwetter: Hitzeschutzplan wird überarbeitet

Der Ort für die Präsentation, dass der Hitzeschutzplan für Österreich überarbeitet wird, hätte besser nicht gewählt werden können. Denn er ist das schlechteste Beispiel für Hitzeinsel schlechthin. Das Urfahraner Jahrmarktgelände an der Donau in Linz. Rund 50.000 Quadratmeter Asphalt, bei Hitze ein völlig unerträglicher Ort.

Klimaministerin Leonore Gewessler und Gesundheitsminister Johannes Rauch (beide Grüne) wiesen gemeinsam mit Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Medizinischen Universität Wien auf die großen Gefahren hin, die Hitzewellen und andere Extremwetterereignisse, ausgelöst durch den menschengemachten Klimawandel, hin.

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Nicht zuletzt hat der heurige Sommer, mit 2,8 Grad über dem langjährigen Mittel der 257-jährigen Messgeschichte, für neue, zweifelhafte Hitzerekorde gesorgt. "Die Hitze ist zwar gut beforscht, aber Extremwetterereignisse und Hitzewellen werden immer noch unterschätzt", warnt der Umweltmediziner Hutter und fügt an: "Wir wissen, was zu tun ist, aber die Umsetzung erfolgt zu zögerlich."

Dabei ist für Hutter klar: "Die Klimakrise ist die größte Bedrohung für die menschliche Gesundheit." Deshalb sei eine Anpassung dringend angezeigt, ohne darauf zu vergessen, dass diese ihre Grenzen haben: "Klimaschutz und Vorsorge sind unabdingbar."

Hitzeschutzplan wird überarbeitet

Der thermische Stress, den die große Hitze auslöst, "betrifft uns alle", sagt Hutter, abgesehen von der dramatischen vorzeitigen Sterblichkeit und der von Hitze ausgelösten Übersterblichkeit, denn "wir können unsere Leistungen nicht erreichen. Dazu kommen psychische Belastungen, weil wir uns nicht erholen können und die Aggression nimmt zu. Hitze fördert die Gewaltbereitschaft."

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Gesundheitsminister Rauch hat deshalb die Überarbeitung des Hitzeschutzplans für Österreich beauftragt, Hutter ist Teil dieser Arbeitsgruppe. Die Ergebnisse sollen schon im 2024 zur Anwendung kommen - denn der nächste Hitzesommer kommt bestimmt. 

Bis zu 500 Hitzetote heuer

Im Vorjahr sind laut Gesundheitsagentur AGES 231 Menschen an den Folgen der Hitze gestorben, für dieses Jahr wird mit 300 bis 500 Hitzetoten gerechnet. Auch die Zahl der hitzebedingten Krankenhausaufenthalte steigt enorm. 

"Die Zahl der Toten steigt dramatisch an", will Rauch gar nichts beschönigen, "betroffen sind vor allem sozial schwächere Menschen". Jene, die noch dazu weniger zum Klimawandel beitragen, wie Ministerin Gewessler hinzufügt. 

Mit der Überarbeitung des Hitzeplans wurde das Kompetenzzentrum für Klima und Gesundheit der Gesundheit Österreich GmbH beauftragt. Dabei soll es um die genauere Beobachtung von Hitzewellen in Ballungsräumen gehen, um bessere Vorwarnsysteme, um die Forcierung der Betreuung vulnerabler Personen in langen Hitzephasen. Aber auch um eine bessere Ausstattung der Spitäler und Altenbetreuungseinrichtungen, erläutert Rauch. 

Medizin von Hitze betroffen

Und der Gesundheitsmediziner Hutter ergänzt: "Es sind auch wesentliche Aspekte wie Verschreibung von Arzneimitteln zu beachten, viele Medikamente brauchen bei Hitze ein ganz andere Dosierung. Und es müssen kühle Räume geschaffen werden, die leicht erreichbar sind."

Was zu einem weiteren Thema führt: Oft ist es gerade alten und kranken Menschen gar nicht möglich, aus ihrer heißen Wohnung an kühle Orte zu gelangen, weil die Wege ebenfalls in der prallen Sonne nicht möglich sind. Hutter: "Öffentliche Haltestellen müssen so gestaltet werden, dass man die Hitze aushält. Es sind so viele Details, die es zu beachten gibt." Wichtig sei aber, dass man endlich ins Tun komme, so der Mediziner.

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Das Tun ist mit Blick auf die Zukunft wichtig: Prognosen gehen davon aus, dass die heurigen drei Hitzewellen mit rund 40 Hitzetagen künftig noch weit übertroffen werden, über 70 Hitzetage sind in Österreich in einigen Jahren zu erwarten. Für Klimaministerin Gewessler sind Klimaschutz und die Anpassung an den bereits erfolgten Wandel "eine Überlebensfrage", die allerdings auch zu einer höheren Lebensqualität führen.

Was zu tun ist

Zur Bewältigung der Klimakrise sind alle gefordert, sagt Gewessler, die auf verschiedene Förderprogramme der Bundesregierung verweist: "Das Budget zur Unterstützung von Klimaschutzmaßnahmen wurde vervielfacht." Auch das kommunale Investitionsprogramm für derartige Maßnahmen werde stark in Anspruch genommen. 

Stefan Kaineder (Grüne), Klimalandesrat in Oberösterreich, weiß, dass die Kommunen mit der Finanzierung derartiger Klimamaßnahmen oft stark belastet sind, unumgänglich seien diese trotzdem. Außerdem gäbe es zahlreiche Forderungen. Sein Appell: "Beton und Asphalt rausreißen, wo immer es geht und durch Bäume oder versicherungsfähige Bepflasterung ersetzen, wo es nötig ist. Am besten gleich, am besten viel." Und die vorhandenen Förderungen dafür abholen.

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Linz hat bereits ein Klimawandelanpassungskonzept im Gemeinderat einstimmig beschlossen. 30 Maßnahmen wurden darin definiert, die nun umgesetzt werden. Dabei geht es auch darum, in der Raumordnung Bereiche festzulegen, die nicht verbaut werden dürfen - Stichwort Kaltluftschneisen. Denn diese ermöglichen eine Abkühlung von heißen Bereichen in Ballungszentren in der Nacht. 

Für Ministerin Gewessler ist dringender Handlungsbedarf gegeben: "Wir haben in den vergangenen Wochen die dramatischen Auswirkungen der Klimakrise gesehen. Wenn wir jetzt handeln, verhindern wir einerseits die große Katastrophe und gewinnen gemeinsam mehr Lebensqualität."