Chronik/Österreich

Kampf um das Recht auf Sterbehilfe

Stefan Mezgolits liegt in seinem Bett im nordburgenländischen Draßburg. Seit Oktober 2017 kann er es nicht mehr verlassen. Der 55-Jährige leidet an Multipler Sklerose, einer chronische Entzündungs-Erkrankung und an Osteoporose. Bewegen kann er nur noch den Kopf und eine Hand. „Die Schmerzen sind oft sehr stark“, schildert Mezgolits. Sein Streben hat nur noch ein Ziel: Er will sich das Leben nehmen. „Ich will selbst entscheiden, wann meine glückliche Stunde schlägt“, sagt er im KURIER-Gespräch.

Seinen Mitmenschen wolle er ersparen, dass sie sich strafbar machen, wenn sie ihm seinen letzten Wunsch erfüllen. „Die indirekte Sterbehilfe soll von Dienstleistungsunternehmen angeboten werden“, fordert er. Nach Absprache mit mehreren Ärzten soll Schwerkranken die Möglichkeit zu einem „gewaltfreien, schmerzlosen Tod“ gegeben werden. Um das Recht auf indirekte Sterbehilfe durchzusetzen, will Mezgolits nun eine Partei gründen – und sucht für das Vorhaben dringend Unterstützer.

Mögliche Sterbehilfe könnte für eine 53-jährige Frau weitreichende Folgen haben. Sie hatte ihr Wort gehalten und soll ihrem langjährigen Lebensgefährten den Beatmungsschlauch gezogen haben. Jetzt wird sie wegen Mordes angeklagt.

Sie soll das Leben ihres Lebensgefährten um fünf Stunden verkürzt haben. Der 70-Jährige hatte sich von einer Nierentransplantation nicht mehr erholt und lag im Wiener AKH im Sterben. Die Frau eilte zu ihm ans Bett. „Wach auf! Du darfst mich nicht verlassen!“, schrie die Frau auf ihn ein. Doch ihr Mann reagierte nicht mehr.

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Lebensdauer verkürzt

Die Staatsanwaltschaft Wien vertritt die Meinung, dass auch eine Verkürzung der Lebensdauer Mord ist. Um eine Tötung auf Verlangen könne es sich nicht handeln, weil der Mann bereits bewusstlos war.

Ein schmaler Grat. Rechtsanwalt Wolfram Proksch kämpft dafür, Betroffenen die Möglichkeit zu geben, selbst zu entscheiden, wann es soweit sein soll. Er vertritt vier Betroffene – unter ihnen ist auch Stefan Mezgolits. Für seine Klienten will er das Recht auf Sterbehilfe beim Verfassungsgerichtshof einklagen.

Darauf hofft unter anderem auch Wolfgang Obermüller. Er hat bereits vor einigen Jahren eine entsprechende Petition gestartet, mit der er 22.600 Unterstützer fand. Die Petition wurde im Parlament behandelt – und „zur Kenntnis genommen“. Auch eine neuerliche Einbringung durch den Neos-Nationalratsabgeordneten Michael Bernhard blieb ohne Folgen. „Das passt vielen nicht ins Wertebild.“ Zumindest die Bioethikkommission riet in einer Stellungnahme: „Es erscheint angebracht, für Angehörige und persönlich nahestehende Personen eine Straflosigkeit vorzusehen, wenn sie einer an einer unheilbaren, zum Tode führenden Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung leidenden Person beim Suizid Hilfe leisten.“