Chronik/Österreich

Harte Bandagen im Nobel-Skiort: Stichwahl in Lech

Der Vorarlberger Nobel-Skiort Lech ist in den Schlagzeilen. Diesmal aber nicht wegen Promi-Besuchern wie der niederländischen Königsfamilie, Filmstars und Wirtschaftsbossen, sondern wegen Niederungen in der Gemeindepolitik – vor allem wegen des Neubaus des Gemeindezentrums. Am Sonntag geht dazu ein außergewöhnlicher Bürgermeister-Wahlkampf zu Ende.

Es entscheidet sich, ob Langzeitbürgermeister Ludwig Muxel im Amt bleibt oder sein Herausforderer, der Standesbeamte Stefan Jochum, Sieger des ersten Wahlgangs, die nächsten fünf Jahre die Gemeinde führt. Wie außergewöhnlich der Wahlkampf war, erfuhr der KURIER bei der Interview-Anfrage an den Herausforderer.

„Es ist alles gesagt“, meinte Jochum und wollte keinen weiteren Kommentar zur Stichwahl abgeben. Dabei war noch zu Wochenbeginn in der Gemeinde ein offener Brief in Umlauf, der schwere Vorwürfe an den Herausforderer enthielt. Absender: die Liste des Amtsinhabers. Lecher berichten zudem von Einschüchterungsversuchen und von Steinen, die auf Türen geworfen wurden.

1.466 Bewohner
hat Lech ganzjährig. 1.317 davon sind am Sonntag wahlberechtigt. In einer normalen Wintersaison hat Lech 14.000 Bewohner und Gäste

305 Pistenkilometer
hat Lech gemeinsam mit Zürs und den anderen Arlberggemeinden. Damit handelt es sich um das größte Skigebiet Österreichs

Zerbrochenes Glas

Bürgermeister Muxel bestätigt, dass eine Glastür zu Bruch ging. Er sagt aber auch: „Es ist in keiner Weise zuordenbar, wie es dazu kam. Die Polizei hat ermittelt, es weiß niemand irgendetwas zu den Hintergründen.“ Zu den Einschüchterungsversuchen sagt er: „Das stimmt absolut nicht. Mir ist kein einziger Fall bekannt.“

Gegenüber dem ORF hatte sich Herausforderer Jochum zu Wochenbeginn noch zum Wahlkampf um die Stichwahl geäußert. „Ich hätte mir nie gedacht, dass das Ergebnis einer demokratischen Wahl in einem Dorf so tiefe Gräben ausheben kann. Wenn ich diesen Brief lese, dann geht er mir schon sehr nahe“, sagte er da.

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Inhalte haben Pause

Um Inhalte geht es im Wahlkampf um die Stichwahl schon lange nicht mehr. Dabei haben die es durchaus in sich. Vor allem der umstrittene Neubau des Gemeindezentrums ist mitverantwortlich dafür, dass Jochum vor zwei Wochen im ersten Wahlgang mit 47,7 Prozent ein Überraschungserfolg gelangt. Muxel, seit 1993 im Amt, kam auf 35,5 Prozent.

Jochum stellte sich klar auf die Seite der Kritiker des 38-Millionen-Euro-Projekts. Es wurde im Juni 2018 nach jahrelangen Diskussionen beschlossen und befindet sich bereits in Bau. Im Sommer gab es aber neuen Wirbel. Lecher Händler schlugen in einem offenen Brief Alarm.

Unmut über Investoren

Laut ihnen habe die KaDeWe-Gruppe, an der die Signa Holding des Tiroler Immobilieninvestors René Benko beteiligt ist, ein fertiges Konzept für ein Einkaufszentrum im Gemeindezentrum vorgelegt. Das würde Lechs Handelsfläche verdoppeln, die Händler fürchten einen „existenzbedrohenden Wettstreit“. Muxel wird vorgeworfen, die KaDeWe-Pläne zu unterstützen.

Im KURIER-Gespräch kalmiert er. „Es gibt dafür mehrere Interessenten. Die neugewählte Gemeindevertretung wird entscheiden, mit wem man weitersprechen soll“, sagt er. Muxel glaubt, dass sich mit der Stichwahl die Wogen glätten. „Ich gehe davon aus, dass dann wieder Ruhe im Dorf ist“, meint der Bürgermeister.

In Lech wird das aber auch durchaus anders gesehen. Denn weder Muxels „Liste Lech“ noch jene von Jochum, „Unser Dorf“, haben in der neuen Gemeindevertretung eine Mehrheit. Die Liste „Zusammen uf Weg“ dürfte zum Königsmacher werden, gab aber keine Wahlempfehlung ab. Die Diskussionen im Gemeinderat über die Zukunft des Gemeindezentrums dürften durchaus kontrovers werden. In Lech wird es jedenfalls auch nach der Stichwahl spannend bleiben.