Chronik/Österreich

Grazer Gemeinderat besuchte Grab eines Kriegstreibers in Donezk

Die Organisation "Amnesty International" warf Alexander Sachartschenko zahlreiche Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen vor. Mitte 2018 wurde der ostukrainische Separatistenführer bei einer Explosion in einem Kaffeehaus in Donezk getötet - und vor dessen Grab ließ sich ein Jahr darauf ein Grazer Lokalpolitiker fotografieren. KPÖ-Gemeinderat Kurt Luttenberger hält auf dem Bild eine Flagge der kommunistischen Brigate Garibaldi, einem Teil der Partisanenbewegung und des Widerstands im Zweiten Weltkrieg.

Doch ausgerechnet am Grab eines international als Kriegstreiber betrachteten Mannes? Just in jener Region, die derzeit im Konflikt Russland - Ukraine vor einem Krieg stehen könnte? Die Grünen, Koalitionspartner in der von der KPÖ geführten Stadtregierung in Graz, sind irritiert, wie Vizebürgermeisterin Judith Schwentner via Kleine Zeitung  mitteilte: "Die Huldigung eines von Amnesty gelisteten Kriegsverbrechers ist durch nichts zu rechtfertigen." KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr will einen Bericht des Grazer Menschenrechtsbeirates abwarten, der auf Antrag der ÖVP mit dem Fall Luttenberger befasst wurde.

"Nicht mehr rückgängig"

Und der Gemeinderat selbst? Er verwies darauf, dass er aus der Friedensbewegung komme und einer Einladung der "Antiimperialistischen Koordination" gefolgt sei. Auf deren Homepage wird die Reise zum fünften Jahrestag der selbsternannten "Volksrepublik Donezk" als "antifaschistische Feierlichkeit" beschrieben. "Ich kann's nicht mehr rückgängig machen", kommentierte Luttenberger am Dienstag. Die Vorwürfe von "Amnesty International" habe er 2019 nicht gekannt. Mit heutigem Wissensstand würde er eine derartige Einladung nicht mehr annehmen, versicherte der Grazer, der sich aber auch etwas wunderte: "2019 hat das niemanden interessiert, obwohl wir dazu sogar eine Presseaussendung gemacht haben." Was derzeit in der Ukraine passiere, sei schrecklich, merkte Luttenberger an: "Der Krieg gehört sofort beendet."

Für die ÖVP reagierte Generalsekretärin Laura Sachslehner: "Die offensichtlich fehlende Distanz der Grazer KPÖ zu Kriegsverbrechern macht sprachlos.“ Sie forderte eine umgehende Entschuldigung sowie die Distanzierung der KPÖ-Parteiführung: "Dieser Vorfall zeigt, dass die KPÖ ihrer Verantwortung als Bürgermeisterpartei in Graz weiterhin nicht gerecht wird", kritisierte die ÖVP-Politikerin.

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Dies ist nicht das erste Mal, dass die KPÖ mit Reisezielen ihrer Funktionäre ins Straucheln kommt. 2021 gab etwa der obersteirische Landtagsabgeordnete Werner Murgg ausgerechnet im staatlichen TV von Belarus ein Interview, in dem er unter anderem die EU-Sanktionen rügte. Sie waren wegen des diktatorischen Regimes des Machthabers Alexander Lukaschenko verhängt worden.

Obwohl bereits im August 2021 stattgefunden, wurden Reise wie Fernsehauftritt erst nach den für die KPÖ  erfolgreichen Grazer Gemeinderatswahlen bekannt. Die KPÖ-Spitze um die zu dem Zeitpunkt noch designierte künftige Stadtchefin Kahr bemühte sich um Distanz. So versicherte Landtags-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler, die KPÖ pflege "keinen Kontakt zu diktatorischen Regimen". Auch Murgg selbst ruderte letztlich zurück: er distanziere sich vom Regime in Belarus, dies sei eine "private Reise" gewesen.