Glücksspiel-Clan: Wiener Familie bunkerte 553 illegale Automaten
Von Patrick Wammerl
Es ist ein lukratives Millionengeschäft. In der Hoffnung auf das große Geld soll ein 61-Jähriger Wiener zusammen mit seiner Frau und seinen Söhnen einen Glücksspielring aufgezogen haben, der bisher in Österreich seinesgleichen sucht.
Beim größten Schlag gegen das illegale Glücksspiel in Österreich jeher haben das Finanzministerium und die Polizei Mittwoch im Morgengrauen zeitgleich an 43 Orten in Österreich und Ungarn in einer konzertierten Aktion mit Beamten der Sondereinheiten Cobra und Wega zugeschlagen.
Tausende Euro und Goldbarren gefunden
Insgesamt wurden bei der „Operation Joker“ sechs Personen festgenommen und Geld, Gold- und Silberbarren im Wert von 328.000 Euro sichergestellt. Was die Ermittler allerdings in einer Lagerhalle im Gewerbegebiet von Guntramsdorf im Bezirk Mödling (NÖ) zu Gesicht bekamen, überstieg selbst deren Vorstellungskraft.
Fein säuberlich aneinander gereiht und zum Teil noch originalverpackt fanden sich 533 illegale Glücksspielautomaten in dem Lager direkt neben einem Hotel und einem gut besuchten Fitnessstudio.
Nachschublager
Die Geräte samt Ersatzteile dienten als Nachschublager für das illegale Glücksspiel in den Hinterzimmern von Lokalen in mehreren Bundesländern. Angesichts des riesigen Depots ist der Finanzpolizei und dem Bundeskriminalamt nun klar, wie es sein konnte, dass nach Razzien und der Abnahme von Automaten bereits 24 Stunden später wieder neue Glücksspielgeräte an den gleichen Plätzen standen.
"Die Tätergruppierung weist zweifelsfrei alle Merkmale von organisierter Kriminalität auf und erinnert an die Machenschaften von Al Capone in den 1920er-Jahren“, sagt Dieter Csefan, Leiter des Büros zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität im Bundeskriminalamt.
Der 61-jährige Wiener steht im Verdacht, zusammen mit seiner Familie, seit 2014 eine Clan-ähnliche Glücksspielstruktur an Dutzenden Orten in Österreich aufgebaut zu haben. „Teilweise gehörten Lokale dem Hauptverdächtigen, teilweise wurden welche an ausländische Scheinfirmen untervermietet.
Und dann gab es noch Lokalbetreiber, die ähnlich wie Franchisenehmer agierten“, schildert ein Ermittler. Die Glücksspielautomaten waren in den Hinterzimmern aufgestellt. Alle vierzehn Tage kamen die Söhne oder andere Vertrauenspersonen da, um das mit den Automaten eingespielte Geld abzusammeln.
Weil mit dem Schwarzgeld in Österreich aber wenig anzufangen war, musste es reingewaschen werden. Laut Bundeskriminalamt wurden mindestens zwei Mal monatlich Summen zwischen 40.000 und 100.000 Euro in bar nach Ungarn gebracht und dort auf Konten von Scheinfirmen einbezahlt.
"Ein ungarischer Bankmitarbeiter half dabei, das Geld wieder auf die Konten der Täter zu transferieren. Getarnt als Gehaltüberweisungen oder beispielsweise als Rechnungsbeträge“, heißt es vonseiten der Polizei.
Steuerhinterziehung
Laut dem Sprecher des Finanzministeriums, Johannes Pasquali, hat die Gruppierung vorsichtigen Schätzungen zufolge 1,6 Millionen Euro an Glücksspielabgaben hinterzogen. Die Einnahmen aus dem illegalen Glücksspiel und sonstige Steuerhinterziehungen sollen ein Vielfaches dieser Summe ausmachen, der Schaden geht in die zig Millionen.
Ausgehend von der Staatsanwaltschaft Leoben liefen im Hintergrund monatelange Ermittlungen und Observationen, bis Mittwochfrüh 320 Beamte, davon 180 von Finanzpolizei und Steuerfahndung und 140 Polizisten zur „Operation Joker“ ausrückten. Neben dem 61-Jährigen und seiner Familie wurde ein Bosnier festgenommen sowie der ungarische Banker in dessen Heimat.
Elf Beitragstäter wurden wegen des Verdachts des schweren Steuerbetrugs angezeigt. Die Staatsanwaltschaft Leoben ermittelt gemeinsam mit der Steuerfahndung gegen insgesamt 24 Beschuldigte. 30 Konten in Österreich und 13 in Ungarn wurden von den Ermittlern bereits geöffnet.