Chronik/Österreich

Frühwarnung an Eltern: Im Herbst wackelt die Kinderbetreuung

"Der Schritt ist uns nicht leicht gefallen", versichert Christian Leitner, Geschäftsführer von "WIKI" Steiermark: Gemeinsam mit weiteren Trägerorganisationen von Kindergärten und Krippen schickte er eine Frühwarnung an jene Eltern im Bundesland, die ihre Kinder in einer Einrichtung betreuen lassen: "Wir bitten um Verständnis, dass es zu Kürzungen und Schließungen kommen kann", heißt es in dem Schreiben, das am Mittwoch versendet wurde.

Konkret bedeutet dies: Die Kinderbetreuung in der Steiermark ist nicht mehr gesichert. Allein bei "WIKI" geht es um 1.000 von derzeit 6.000 Plätzen - das betrifft jene, die erstmals angemeldet wurden wie Kinder, die bereits in einem Kindergarten oder einer Krippe betreut wurden, gleichermaßen.

Am Donnerstag versuchten die Betreiber - gemeinsam mit dem Grazer ÖVP-Bildungsstadtrat Kurt Hohensinner - die Gründe für diese Situation festzumachen. An erster Stelle: Personalmangel, gefolgt von "überbordender Bürokratie und Fachauflagen", wie Peter Schwarz, Vorstand von "GIP": So laufe die vom Land Steiermark gewährte Möglichkeit, für die Nachmittagsbetreuung etwa auch Volksschullehrerinnen einzusetzen, mit 31. August aus.

Alexandra Strohmeier-Wieser, Leiterin des Referats für Elementarpädagogik der Diözese Graz-Seckau, bemängelt zudem mangelnde Flexibilität: Bei Ganztageskindergärten müsse immer eine Pädagogin anwesend sein, auch am Nachmittag, Betreuerinnen allein reichten nicht.  "Spielgruppen könnte dagegen jeder leiten, auch Sie", merkte Strohmeier-Wieser gegenüber Journalisten an.

"Ein Personalnotstand"

Doch allem voran stehe der "Personalnotstand", wie Stadtrat Hohensinner warnte: Steiermarkweit fehlen - alle Betreuungsinstitutionen zusammengerechnet - derzeit  130 Elementarpädagoginnen und 100 Kinderbetreuerinnen. Teilweise sei das durch den massiven Ausbau  der vergangenen Jahre auch hausgemacht, gestand Hohensinner ein, allein Graz richtete seit 2014 1.600 zusätzliche Plätze ein, die entsprechendes Personal brauchen. Dazu komme aber, dass 70 Prozent der Absolventinnen der entsprechenden Schulen im Anschluss studieren, nur 30 Prozent wechseln tatsächlich in den Beruf der Kindergartenpädagogin. Der generell höhere Bedarf an Ganzjahresplätzen sowie die Corona-Pandemie verschärften den Mangel.

Letztlich bedeuet das für alle betroffenen Eltern in der Steiermark - warten. "Bis Mitte August werden wir die Informationen haben, welche Gruppen es wirklich bereffen wird", betont "WIKI"-Chef Leitner. "Aber aus heutiger Sicht schaut es nicht gut aus."  Die Träger haben bereits Szenarien überlegt: Öffnungszeiten könnten von zehn auf acht Stunden, Ganztagesgruppen auf Halbtag reduziert werden. - und manche Gruppen sogar geschlossen werden. Das hieße, dass Kinder gar keinen Betreuungsplatz erhalten. "Wir werden uns Kriterien einfallen lassen müssen", betont "GIP"-Vorstand Schwarz, um auszuwählen.

Als Sofortmaßnahmen wünschen sich die Träger, Verlängerung der sogenannten "Dispens", also jene Möglichkeit, auch Lehrer als Nachmittagsbetreuer einzustellen. Außerdem sollten Nachmittagsgruppen zusammengelegt werden können, derzeit sind bei bis zu zehn Kindern zwei Betreuer nötig.