Tödliche Steinlawine: Warum auftauender Permafrost gefährlich ist
Von Matthias Nagl
„Es wäre ein ganz normaler Felssturz gewesen, hätte es nicht diesen tragischen Zufall gegeben“, sagt Landesgeologe Rainer Braunstingl. Salzburgs oberster Geologe machte sich am Donnerstag selbst ein Bild des verheerenden Felssturzes in Kaprun am Tag zuvor. Wie berichtet verstarb dabei ein 53-jähriger Einheimischer auf einem Wanderweg, zwei deutsche Wanderer wurden schwer verletzt.
Die Ursache für das Unglück dürfte auftauender Permafrost im Gestein gewesen sein. „Das ist unsere Vermutung, die Klüfte waren nass. Es wäre auch ganz typisch für die Jahreszeit“, erklärt Braunstingl. Rund 500 Kubikmeter dürften abgebrochen sein. Der Kammerschartenweg, auf dem die Wanderer getroffen wurden und der auf 50 Metern Breite verschüttet wurde, bleibt vorerst gesperrt.
Keine Zunahme an Felsstürzen
Weitere Felsstürze sind zu befürchten, sogar in noch größerem Ausmaß. Im Bereich des Hochschobers, wo sich der Felssturz gelöst hat, sind weitere 1.500 Kubikmeter Gestein labil und entlang von offenen Klüften bereits abgespalten, ergab der Lokalaugenschein des Landesgeologen. Für den darunterliegenden Wasserfallboden-Stausee bestehe aber keine Gefahr. „Es kann sein, dass einzelne Steine den See erreichen, eine Flutwelle ist aber nicht zu befürchten“, sagt Braunstingl. Dazu werde das Gebiet rund um die Hochgebirgsstauseen geologisch besonders genau überwacht.
Dass es generell zu mehr Felsstürzen komme, lasse sich statistisch gesehen nicht erhärten. „Wir haben keinen Beweis dafür, dass es mehr Felsstürze gibt“, erklärt der Geologe. „Wir haben Polizeiberichte aus dem 19. Jahrhundert ausgewertet. Auch damals hat es zahlreiche Tote wegen Felsstürzen gegeben. Ganz neu ist das also nicht.“
Permafrost zieht sich zurück
Der Klimawandel dürfte bei den aktuellen Felsstürzen aber dennoch eine Rolle spielen. Gerade im hochalpinen Bereich steigen die Durchschnittstemperaturen schneller als im Flachland. „Durch diese Erwärmung zieht sich Permafrost in höhere Lagen zurück, bei uns in den Hohen Tauern von zirka 2.400 auf zirka 2.700 Meter. Das heißt, er schmilzt und löst Steinschlag, Felsstürze und Rutschungen aus“, erläutert Braunstingl.
Der Permafrost dient dabei quasi als Kitt zwischen Schutt und Felsen. „Wenn das Eis abtaut, fehlt dieser Kitt“, sagt er. Vorkehrungen gegen Felsstürze seien schwierig. „In den Bergen war es immer gefährlich. Dieses Risiko wird man nie ganz ausschalten können.“