Dirigentin im Porträt: „Musik heißt für mich Abtauchen“
Von Sabine Salzmann
Elisabeth Fuchs ist hoch konzentriert: Ihr Taktstock fliegt durch die Luft, ihre Haare fallen tief ins Gesicht. Zuerst sind die Bewegungen sanft, dann bricht die Energie aus. Gewaltiges Klangvolumen bebt, schließlich folgt die völlige Stille.
Bei der Probe für Mahlers Auferstehungssymphonie am Freitag im Großen Festspielhaus ist die Chefdirigentin in ihrem Element. Das Werk ist bombastisch groß besetzt. 110 Orchestermusiker, 150 Chorsänger und zwei Solisten gehören zu dem Klang-Kunstwerk und gehen in dem Werk der Frage nach dem Sinn des Lebens nach. Elisabeth Fuchs gibt den Musikern beim Proben gerne Bilder mit: Wenn der Klang beispielsweise an sanfte Landschaften erinnert oder die Töne tragend sind, wie in Mahlers erstem Satz, der für eine Beerdigung geschrieben wurde. Als Dirigentin hat sie auch permanent gut dosierte Kritik an ihren Musikern zu äußern. Ein Grundsatz dabei: „Junge Musiker mitzunehmen und allen Raum zu geben.“ Sie macht während der Proben oft auch Eselsohren in die Partituren, um Beobachtungen später noch einmal aufgreifen zu können. „Ich versuche immer, die große Klammer im Saal zu machen. Meine Musiker spüre ich dabei gut. Es ist wichtig, im Spüren zu bleiben.“ Überwältigt seien die Zuhörer dann, so Fuchs, wenn so viele Musiker zur Einheit werden.
Bombastisches Werk
Mahlers Zweite ist selbst für so erfahrene Dirigentinnen wie sie fordernd: „Er gilt unter den Symphonikern als der Zenit.“ Vor allem auch die Chormusiker haben eine unendliche Bandbreite an musikalischem Können zu erfüllen. Das reiche von feinem Gesang bis großer Opernstimme, sogar ein A-Kapella-Part ist Bestandteil. „Mahlers Musik geht einfach unter die Haut. Sie ist so intensiv und voller Extreme – so wie das Leben auch“, schwärmt Fuchs und holt voller Euphorie zu weiteren Details in der Musikgeschichte aus.
Anfänge mit Blasmusik
Sie selbst wuchs in keinem klassischen Musiker-Haushalt auf. Ihr Taktgefühl fiel erstmals auf, als sie im zarten Alten von zwei Jahren mit der Blasmusik mitmarschierte. Später: Talent auf der Flöte, Musisches Gymnasium, und nach der Matura wieder eine Klammer über verschiedene Talente. Elisabeth Fuchs studierte Musik und Mathematik. Fünf Jahre arbeitete sie dann als Mathe-Lehrerin. Der analytische Blick komme ihr auch heute im Analysieren komplexer Partituren zu Gute.
Sie vermittelt ihr Können gern an die Jugend, rief nun auch ein Kinder-Orchester ins Leben. Und auch ihre Kinder – die Vermutung liegt nahe – haben ihr Musik-Gen in die Wiege gelegt bekommen.
Familie und Karriere
Fuchs ist nicht nur Karriere-, sondern auch Familienmensch. Mit Hannah (7) und Michael (12) pflegt sie gern kleine Rituale, wie Ausflüge ins Schwimmbad oder Familien-Urlaube, wo auch das Mobiltelefon ausgeschaltet bleibt. Bei Auftritten lauschen Tochter und Sohn auch gern einmal im Publikum. In besonders intensiven Probenphasen freut sich die Alleinerziehende aber auch über Unterstützung durch ihre Mutter. Nach langen Abenden sei es schwierig, gleich in der Früh Frühstücksbrote zu schmieren.
Und auch der Muttertag hat seinen Platz. „Natürlich soll auch im Kindergarten gebastelt werden. Das macht doch Freude.“ Auf ihrem Kalender steht für Sonntag schon: 8 bis 17 Uhr Muttertag! Große Wünsche hat sie nicht. Gemeinsam Zeit zu verbringen, sei das Motto. „Vielleicht ein Waldspaziergang oder ein gemeinsames Eis.“ Ob sie einen Tag lang ohne Musik und Dirigieren überhaupt überleben kann? Eine kleine Ausnahme gibt es auch am Muttertagsabend.