Die Maskenpflicht in Wiens Öffis fällt: Ein Nachruf auf die Maske
Von Agnes Preusser
Drei Jahre lang hat sie uns begleitet – hat uns geschützt, manchmal genervt und war nicht bei jedem beliebt. Jetzt ist es Zeit, Lebewohl zu sagen: Mit 1. März verabschieden wir uns von der Maskenpflicht. Auch in Wien, dem gallischen Dorf, das der Abschaffung der Coronamaßnahmen am längsten Widerstand geleistet hat, darf man ab Mittwoch beim Fahren in den Öffis wieder sein Gesicht herzeigen und seiner Respiration freien Lauf lassen.
Alles begann am 30. März 2020. An diesem Tag verkündete der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), dass man beim Einkaufen einen Mund-Nasen-Schutz tragen müsse.
Was „FFP2“ heißt, wusste damals hauptsächlich medizinisches Personal, erhältlich war dieser Atemschutz ohnehin kaum. Die Bevölkerung schlang sich darum alles um den Kopf, was gerade greifbar war. Halstücher (wie ein Bandit) oder Schals (im Frühling etwas zu warm) – und natürlich selbst genähte Stoffmasken.
Schon bald kannte jeder jemanden, der sich selbst an die Nähmaschine gesetzt hatte.
Modisch schick
Mit aufgedruckten frechen Sprüchen verziert oder mit auffälligen Mustern zeigte man seine Stimmungslage. Dabei musste der Atemschutz nicht zum Outfit passen. Sogar Wiens Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ), für seinen properen Kleidungsstil bekannt, verriet, dass er sich keine zur Krawatte passende Maske aussuchte. Die meisten anderen trugen damals ohnehin nur Jogginghose.
Die Farbwahl war also egal, beim Tragen konnte man sich trotzdem den einen oder anderen Fauxpas leisten. Wer die Maske unter der Nase trug (oder gar am Kinn!) lief Gefahr ausgelacht, manchmal auch angepöbelt, zu werden – oder mit Foto auf den sozialen Medien zu landen.
Und dann die Sache mit der Hygiene: Wie oft soll man die Stoffmaske waschen? Wie oft die FFP2-Maske wechseln? Alles nicht so einfach. Auch nicht ganz sauber war auch mancher Skandal: Der Maskenhersteller Hygiene Austria verkaufte etwa Masken als „Made in Austria“, obwohl sie in China produziert wurden.
Der erste Einkauf mit Maske war etwas Besonderes. Seltsam fühlte es sich an und man kam sich auch etwas dumm vor. Hatte man früher asiatische Reisegruppen belächelt, die sich vorm Schloss Schönbrunn mit Maske ablichten ließen, sollte man plötzlich selbst mit einem Atemschutz durch den Alltag gehen. Man gewöhnte sich schnell – denn die Maske bedeutete Freiheit. Die Freiheit, sich bewegen zu können, ohne sich oder andere anzustecken.
Beschlagene Gläser
Die erste Euphorie hielt nicht lange an. Die Maske sorgte schon bald für einige Probleme. Insbesondere hörbehinderten Menschen brachte die Maske massive Einschränkungen, sie konnten etwa nicht mehr an den Lippen ihres Gegenübers ablesen.
Brillenträger beklagten sich über beschlagene Gläser, an der Feinkost-Theke musste man seine Bestellung dreimal wiederholen, weil der Schall deutlich gedämpft wurde. Passionierte Nuschler hatten keine Chance, sich verständlich zu machen.
All das führte zu einer (sehr kurzen) Hochphase des Gesichtsvisiers. Schon bald wurde es aber verboten, die Aerosole hatten links, rechts und unten einfach zu viele Möglichkeiten, um in die Öffentlichkeit zu entweichen. Visiere wurden seither nicht mehr gesichtet. Sie geraten damit gemeinsam mit anderen kurzfristigen Corona-Hypes immer weiter in Vergessenheit – wie etwa auch die Maßeinheit Babyelefant.
Die Maske folgt ihnen nun (hoffentlich endgültig) auf den Pfad des Vergessens. Fehlen wird sie nicht wirklich.