Die Esterhazys: Machtkämpfe und Intrigen über Jahrhunderte
Von Georg Markus
Der Name Esterhazy ist in Österreich so klangvoll, dass die Familie selbst dann in die Schlagzeilen gerät, wenn ein Mitglied eines Nebenzweigs nicht entführt wird.
Drei Familienzweige
Kein Wunder, die Esterhazys zählen zu den ältesten und reichsten Familien des Landes. Seit dem 13. Jahrhundert nachgewiesen, zerfiel das zunächst dem Kleinadel angehörende Geschlecht 1574 in drei Linien, wobei wohl damals schon Macht und Intrigen mitgespielt haben. Als später wieder familiärer Friede einkehrte, standen die Esterhazys geschlossen auf Seite der Habsburger. Da sie vor allem in den Türkenkriegen dem Kaiserhaus ihre hundertprozentige Loyalität erwiesen, wurden sie von diesem mit der Herrschaft Eisenstadt und Forchtenstein bedacht, die bis heute noch im Besitz der Familie geblieben ist. 1782 wurde die Dynastie in den erblichen Fürstenstand erhoben. Große Verdienste erwarben sich die Esterhazys durch Förderung bedeutender Musiker wie Franz Liszt und Joseph Hadyn (Bild).
Mit dem Zusammenbruch der Monarchie befanden sich Esterhazys Güter in fünf Ländern: in Ungarn, in der Tschechoslowakei, in Jugoslawien, Rumänien und in Österreich. Doch bald war alles verloren.
Denn als bedingungsloser Antinazi verließ der damalige Fürst Paul V. nach dem „Anschluss“ seine Besitzungen in Österreich. In Ungarn und in den anderen Ländern wiederum enteigneten ihn die Kommunisten. Und da sein burgenländischer Besitz ab 1945 in der Sowjetzone lag, war der Fürst ein armer Mann.
Als solcher heiratet er 1946 die Tänzerin Melinda Ottrubay. Nun beginnt die Geschichte einer großen Liebe, die letztlich aber als Kampfplatz zweier Familien endet. Der Fürst – eben noch einer der reichsten Magnaten Europas – lebt mit seiner Frau in einer ärmlichen Zimmer-Küche-Kabinett-Wohnung.
Kurzes Glück
Doch auch dieses Glück währt nur kurz. Denn zu Weihnachten 1948 wird Paul Esterházy in Budapest verhaftet. Man wirft ihm, gemeinsam mit Ungarns Kardinal Mindszenty, die „Vorbereitung einer monarchistischen Verschwörung“ vor. Fürst Paul V. verbringt acht Jahre in Kerkern.
Im Zuge des Ungarn-Aufstandes des Jahres 1956 kommt Paul Esterházy frei. Der Fürst, inzwischen Mitte 50, ist wieder vermögend, da nach Abschluss des Staatsvertrags und dem Abzug der Sowjets die Ländereien im Burgenland rückerstattet werden. Wie viele Ungarn nützen die Esterházys die kurze Regierungszeit des liberalen Imre Nagy, um in den Westen zu fliehen. In einem getarnten Rot-Kreuz-Auto gelangen sie über Wien in die Schweiz, wo sie sich niederlassen. Von Zürich aus verwaltet Paul Esterházy nun seine Güter.
1,2 Milliarden Euro
Melinda übersiedelt nach Pauls Tod im Mai 1989 nach Österreich. Sie ist nun die größte private Grundbesitzerin Österreichs und mit einem geschätzten Vermögen von 17 Milliarden Schilling (1,2 Milliarden €) eine der reichsten Frauen des Landes.
In den von ihr gegründeten Stiftungen befinden sich 50.000 Hektar Land, die einem Achtel des Burgenlandes entsprechen, sowie mehr als ein Drittel des Neusiedler Sees. Die wichtigsten Einnahmen der Stiftungen werden durch Verpachtungen erzielt.
Melindas Rückzug
Im Jahr 2002 zieht sich Melinda Esterhazy zurück und ihr Neffe Stefan Ottrubay übernimmt die Macht über das Imperium. Melinda stirbt 2014 im Alter von 94 Jahren.
Der Streit um das gigantische Vermögen hatte lange davor begonnen, da sich Fürst Pauls Großneffe Paul-Anton in seinen Rechten übergangen fühlt. Der Streit um Macht und Intrige im Haus Esterhazy hatte einen neuen Höhepunkt erreicht.