Chronik/Österreich

Salzburg: Dicke Luft wegen gefährlicher Abgase

Mit der Gesundheit von rund 3000 Anrainern entlang einer Autobahn lässt sich in Wahlkampf-Zeiten kaum argumentieren, wenn es um Geschwindigkeitsbegrenzungen geht. Der Luft-80er auf der Salzburger Stadtautobahn (nach Testphase endgültig im März 2015 als flexibles Limit eingeführt, um Stickstoffdioxid-Belastung zu reduzieren, Anm.) ist eines der dominanten Themen vor der Landtagswahl am kommenden Sonntag. Bei mehreren Zehntausend Autofahrern, die sich täglich über das Tempolimit ärgern, verwundert das kaum.

„Sollten wir in Regierungsverantwortung kommen, ist der 80er auf der Autobahn das Aller-aller-aller-Erste, das wir sofort abschaffen“, versprach FPÖ-Spitzenkandidatin Marlene Svazek ihren Anhängern beim Wahlkampfauftakt. Zuletzt stellte sogar Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) den Luft-80er infrage. Er wolle das Tempolimit „evaluieren“, nämlich dahingehend, ob man „100 wieder einführen“ könne, sagte Haslauer in der Elefantenrunde der Spitzenkandidaten in der ORF-Pressestunde. Sollte der 80er „aus Umweltgründen“ bleiben müssen, will er im Gegenzug „im Sinne der Verkehrssicherheit“ das Tempolimit für Lkw auf 60 km/h senken.

Lkw schneller als Pkw

Eine Temporeduktion für Lkw hält der Unfallsachverständige Gerhard Kronreif nicht nur für sinnvoll, sondern für notwendig. „Dann ist aus verkehrstechnischer Sicht das Problem gelöst. Wir brauchen einen Geschwindigkeitsunterschied von 20 km/h zwischen Pkw und Lkw. 100 zu 80 oder 80 zu 60 ist diesbezüglich egal“, sagt Kronreif. Problematisch sei bei gleichem Limit, dass Lkw ihren Tempomat bei 85 bis 89 km/h einstellen würden – geblitzt werde laut dem Sachverständigen aber erst bei 91 km/h. Die Lkw seien auf dem Abschnitt daher oftmals schneller als Autos. Das Unfallrisiko steige folglich, meint Kronreif.

Der Gefahr durch zu schnell fahrende Lkw ist sich auch die ressortzuständige LH-Stv. Astrid Rössler (Grüne) bewusst. Bezüglich einer Tempo-Reduktion sei man daher gesprächsbereit, sagt Rössler-Sprecher Stefan Tschandl. „Das Luftproblem haben wir dann aber nach wie vor“, sagt er unter Verweis auf den höheren Schadstoffausstoß, den Lkw bei 60 im Vergleich zu 80 km/h haben.

Tempolimit und Maßnahmen im Kampf gegen die Verkehrslawinen beschäftigten auch die Politik in Oberösterreich. Die Freitag vom Landesrechnungshof (LRH) erteilte Rüge wegen der über den Grenzwerten belasteten Luft im Raum Linz zeigt Wirkung.

Schon bei der gestrigen Sitzung am Montag brachte der grüne Umweltlandesrat Rudi Anschober sein Programm für einen dringlichen Maßnahmenkatalog ein. Beschlüsse wurden vorerst nicht gefasst, ressortübergreifend wird am Freitag über ein Aktionspaket weiterverhandelt.

Politiker bisher tatenlos

Die Zeit drängt. Bis Jahresende sollen Maßnahmen, die bis zur Installierung einer Umweltzone samt dem Verbannen alter Diesel-Pkw reichen können, stehen. Bis 2020 muss der Grenzwert bei Stickstoffdioxid von 40 Mikrogramm in Linz und auf der A1 rund um den Knoten Linz eingehalten werden, sagt Anschober.

Der LRH kritisiert die Tatenlosigkeit der vergangenen Jahre im Stadtverkehr. Der IG-Luft-100er auf der A1 würde zu wenig respektiert und soll strenger kontrolliert werden, fordert LRH-Direktor Friedrich Pammer. Hohe Strafen drohen über ein EU-Vertragsverletzungsverfahren für OÖ. Bis zu 167.000 Euro pro Tag könnten fällig werden. Anschober nennt bis zu 18 Millionen Euro jährlich.