Chronik/Österreich

Darf man jemanden "Arschloch" nennen?

Dass Sigi Maurer und Bierwirt L. keine Sympathien für einander hegen, ist kein Geheimnis. Nach der Veröffentlichung einer Nachricht, die vom Facebook-Account des Bierwirts an Maurer ging („Hallo, Du bist heute bei mir beim Geschäft vorbeigegangen und hast auf meinen Schw*** geguckt, als wolltest du ihn essen“), flogen nicht nur medial die Fetzen. Als sich der (unbeteiligte) Vorbesitzer des Bierlokals bei Maurer meldete und über Anfeindungen klagte, schrieb sie ihm via Facebook-Messenger: "Oh wow. Körperliche Drohungen wünsche ich natürlich nicht mal dem Arschloch. Tut mir leid!"

In der Verhandlung im Landesgericht für Strafsachen in Wien bestätigte Maurer, sich entsprechend geäußert zu haben. Ein Anlass für Bierwirt L., Maurer erneut zu klagen - diesmal auf dem Zivilrechtsweg wegen Beleidigung. Konkret wird ihr der Tatbestand des § 1330 ABGB vorgeworfen: Wenn jemandem durch Ehrenbeleidigung ein wirklicher Schaden oder Entgang des Gewinnes verursacht worden ist, so ist er berechtigt, den Ersatz zu fordern.

Entrüstung

Doch dafür fehlt die Grundlage, meint Maurers Anwältin Maria Windhager. Zwar handle es sich bei "Arschloch" eindeutig um ein Schimpfwort. "Doch das Setting dazu ist wichtig. Diese Aussage wurde in einer persönlichen Nachricht an eine Person getätigt." Zudem sei es bei der ungewöhnlichen Vorgeschichte als "Entrüstungsbeleidigung" zu verstehen - und das ist ein Entschuldigungsgrund. 

Zudem sei Bierwirt L. gar nicht namentlich erwähnt worden - Fremde könnten also nicht auf ihn schließen. Und außerdem: Ein durchschnittlicher Beisl-Betreiber höre so etwas wohl öfter und fasse es nicht als Ehrenbeleidigung auf.

Wichtig sei auch der Rahmen, in dem das Wort gefallen ist. Und der ist in diesem Fall Facebook. Der durchschnittliche Facebook-Benutzer sei in seinen schriftlichen Postings sehr viel ungehemmter mit Benennungen wie "Arsch" oder "Arschloch". Somit sei die Äußerung milieubedingt einzustufen.

Und Windhager argumentiert auch so: Der Ehrschutz nach § 1330 ABGB erfahre eine Einschränkung, wenn der Beeinträchtigte (also der Bierwirt, Anm.) seine Ehre selbst herabgesetzt hat. Im aktuellen Verfahren im Landesgericht soll gerade geklärt werden, ob Bierwirt L. die sexistische Nachricht verschickt hat. Denn das wäre als entsprechende "Selbstherabsetzung der Ehre" zu werten.

Geldstrafe für "Arsch"

Schon einmal musste sich der Oberste Gerichtshof mit der "Arsch"-Frage beschäftigen. Der frühere FPÖ-Chef Heinz Christian Strache war auf Facebook von einem SPÖ-Lokalpolitiker als "Arsch" bezeichnet worden. Strache klagte daraufhin auf Unterlassung und Ehrenbeleidigung. Der Lokalpolitiker wurde zu einer Strafe von 2.700 Euro verurteilt, davon 900 Euro unbedingt. Der OGH bestätigte das Urteil und begründete es so: "Werturteile ohne hinreichendes Tatsachensubstrat oder Wertungsexzesse" sind nicht vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. 

Anders lag der Fall im Jahr 2008, als der OGH billigte, dass Strache als "Arsch mit Ohren" bezeichnet wurde. Allerdings ging es damals um eine politische Karikatur in einer Zeitung. Somit handle es sich nicht um eine plumpe Beschimpfung, so das Höchstgericht. Die Bezeichnung "Arsch" sei zudem wesentlich heftiger als die Bezeichnung eines Politikers als "Trottel" - auch damit beschäftigte sich der OGH bereits.