Chronik/Österreich

Anschläge auf Zeugen Jehovas: 20 Ermittler jagen Bomben-Phantom

Es ist eine lange Liste, auf der sich 20 Namen finden. Namen, von Ermittlern und Experten, die alle Teil der sogenannten Sonderermittlungsgruppe (Soko) „Michael“ sind und ein Ziel verfolgen: Herauszufinden, wer jene Person ist, die für drei Sprengstoffanschläge auf die Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas in der Steiermark verantwortlich sein könnte.

Eines gilt dabei als so gut wie fix: Hinter den Sprengstoffanschlägen in Leibnitz, Kalsdorf und Premstätten dürfte ein und dieselbe Person stecken.

„Wir gehen von einem Serientäter aus, der einen enormen Hass gegen die Glaubensgemeinschaft empfindet“, sagt Pressesprecher Markus Lamb dem KURIER.

Alle Inhalte anzeigen

Bomben immer besser

Fest steht auch, dass sich der Täter seit seinem ersten Anschlag in Leibnitz auf zwei Autos vor einem Königreichssaal, technisch verbessert hat. „Man sieht an den Sprengsätzen, dass sie sich weiterentwickelt haben. Es handelt sich bei allen um Selbstlaborate“, erklärt Lamb.

Alle hätten eine enorme Zerstörungskraft gehabt. Dass bisher niemand zu Schaden kam, grenze fast an ein Wunder.

Der besondere Fokus der Ermittler liegt nun aber vor allem auf jenem Sprengstoff, der in Kalsdorf sichergestellt wurde. Denn wurden in Leibnitz und in Premstätten die Bomben unter Autos angebracht und detonierten, fand sich jene in Kalsdorf in einem Paket vor einem Königreichssaal – das nicht detonierte. 

Auf eben jenem Paket und Sprengstoff sollen auch zahlreiche Spuren sichergestellt worden sein. Den entscheidenden Hinweis, der zum Täter führen könnte, brachten sie aber noch nicht.

Profiler im Einsatz

Um die Identität des Bomben-Phantoms zu klären, wurde auch ein Profiler hinzugezogen. Die Ermittlungen würden zwar in alle Richtungen laufen, haben aber klar einen Fokus auf ehemaligen Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft. Mit der sich die Zusammenarbeit der Polizei nicht immer unschwierig gestaltete.

So hätten sich Mitglieder der Glaubensgemeinschaft auf das Beichtgeheimnis berufen, wenn es darum ging, Listen von einstigen Mitgliedern herauszugeben. Dass dies so nicht gehe, sei mittlerweile aber durch die Staatsanwaltschaft eindeutig geklärt worden.

Immer freitags
schlug der Täter mit seinen Bomben zu. Zunächst am 18. August in Leibnitz bei zwei Autos von Zeugen Jehovas. Dann am 29. März in Kalsdorf mit einem abgestellten Paket vor einem Königreichssaal. Und schließlich am 3. April in Premstätten mit einer Bombe unter einem Auto

Soko Michael
wurde nach dem Erzengel, der für die Gemeinschaft einen hohen Stellenwert hat, benannt 

Rund 100 Befragungen

Rund 100 Befragungen mit Mitgliedern der Zeugen Jehovas hätten bereits stattgefunden. Die Polizei bittet um weitere Hinweise: „Der Täter hat eine hohe Gefährlichkeit und wir nehmen Hinweise, auch gerne anonym, jederzeit entgegen“, betont Lamb. Der sich einer Sacher sicher ist: „Wir müssen davon ausgehen, dass der Täter weitermachen wird.“