Analyse: Durch Corona weniger Stau in Österreich
Die Corona-Pandemie hat im Jahr 2020 weltweit für weniger Staus gesorgt. Wie aus einer Datenanalyse des niederländischen Navigationsgeräteherstellers TomTom hervorgeht, ging der Zeitverlust im Verkehr in 387 von 416 untersuchten Städten zurück. In 16 Fällen stagnierte er, eine Zunahme gab es lediglich in 13 Städten. Auch in Wien, Linz, Graz, Salzburg und Innsbruck stauten die Autofahrer weniger als in den Jahren zuvor - auch wenn es dabei durchaus Unterschiede gab.
In Österreich hieß die Stauhauptstadt im Vorjahr erneut Wien. Generell benötigten Autolenker, die in der Bundeshauptstadt im Jahr 2020 zu einem beliebigen Zeitpunkt im Stau standen, im Mittel 26 Prozent mehr Zeit für eine Fahrt als bei frei fließendem Verkehr. Das ist zwar ein Rückgang um zwei Prozentpunkte gegenüber 2019, vor allem in der Rush Hour am Morgen und am Abend war der Zeitverlust nach wie vor hoch.
Wann man in Wien die meiste Zeit verliert
Wer in Wien stets zu den Stoßzeiten mit dem Auto in die Arbeit unterwegs war, hat demnach im Vorjahr gleich drei Tage und 22 Stunden im Stau verbracht. Eine sonst halbstündige Autofahrt im morgendlichen Berufsverkehr dauerte um elf Minuten länger, am Abend waren es gar 14 Minuten mehr. Am Schlimmsten ging es dabei laut der Auswertung von TomTom stets von Dienstag bis Donnerstag zwischen 16.00 und 18.00 Uhr zu - hier verlor man am meisten Zeit.
Warum das trotz zweier Lockdowns mit deutlich geringerem Verkehrsaufkommen so war, ist nicht ganz klar. Laut TomTom dürfte sich vor allem die Tatsache bemerkbar machen, dass der sonst so beliebte öffentliche Personennahverkehr während der Pandemie von vielen Arbeitnehmern gemieden wurde, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Am meisten Verkehr wurde in Wien übrigens am 13. Oktober verzeichnet.
Graz und Salzburg auf Platz zwei
Auf Platz zwei im heimischen Stau-Ranking landeten 2020 gleichauf Graz und Salzburg (jeweils 23 Prozent mehr Fahrzeit gegenüber frei fließendem Verkehr), wobei der Rückgang in Salzburg gegenüber dem Vorjahr mit vier Prozentpunkten etwas stärker ausfiel als in Graz (minus drei Prozentpunkte). Zwei an sich halbstündige Fahrten zu den Stoßzeiten am Morgen und am Abend kosteten an der Mur in Summe 22 Minuten extra, an der Salzach waren es 20 Minuten mehr. Zeitverlust über das Jahr: 82 bzw. 75 Stunden. In beiden Städten war übrigens der 16. November - der Tag vor Beginn des zweiten Lockdowns - der Tag mit den stärksten Verzögerungen im Verkehr.
In Linz und Innsbruck dauerten Fahrten 2020 im Jahresschnitt um 17 Prozent länger als bei freier Fahrt, beide Städte verzeichneten hier österreichweit mit fünf bzw. sechs Prozentpunkten den stärksten Rückgang gegenüber 2019. Der jährliche Zeitverlust in der Rush Hour lag bei 71 bzw. 59 Stunden, die halbstündigen Fahrten zu den Stoßzeiten verlängerten sich im Vorjahr um insgesamt 19 bzw. 15 Minuten. In Linz war im Vorjahr laut TomTom der 27. Jänner der staureichste Tag, in Innsbruck der 2. Oktober.
Wie das Unternehmen analysierte, sind die Entwicklungen des Stau-Niveaus in den Monaten nach dem ersten Lockdown von Stadt zu Stadt höchst unterschiedlich ausgefallen: Innsbruck als Studenten- und Touristenstadt sei zwar zu den bekannten Schemata aus dem Vorjahr zurückkehrt, allerdings auf einem deutlich niedrigeren Niveau. In Wien und Salzburg dagegen waren bereits im Juni kaum mehr Unterschiede im Verlauf des Stau-Niveaus an Werktagen festzustellen. Dabei wurden Werte nahezu auf dem Niveau des Vorjahres erreicht - und stellenweise sogar übertroffen.
"Durch Lockdowns bis hin zu geschlossenen Grenzen hat sich die Mobilität der Menschen grundlegend verändert - und zwar sehr schnell", erklärte Ralf-Peter Schäfer, Leiter des Teams für Verkehrsdaten bei TomTom. Man gehe jedoch nicht davon aus, dass die Verkehrsbelastung weiterhin so niedrig bleibe, wenn es nicht zu einer zielgerichteten und bewussten Änderung des Fahrverhaltens komme.
Verkehrsaufkommen wird wieder zunehmen
"Wir werden in den nächsten Monaten erleben, dass das Verkehrsaufkommen wieder zunehmen wird. Menschen werden wieder in die Arbeit fahren und zu alten Routinen zurückkehren", so Schäfer. Ein Ende der Rush Hour durch flexible Arbeitszeiten, Home Office und eine smarte Nutzung von Verkehrsdaten, um die besten Reisezeiten zu ermitteln, erscheine aber durchaus möglich. "Das hängt aber auch von politischen Entscheidungsträgern und Arbeitgebern ab."
Im internationalen Vergleich am meisten Geduld brauchten Autofahrer laut TomTom im Jahr 2020 im Großraum Moskau, in Mumbai, Bogota und Manila. In Europa waren es nach Moskau die Städte Istanbul und Kiew. Wien kommt im weltweiten Ranking auf Platz 99, Graz auf 144, Salzburg auf 148, Linz auf 269 und Innsbruck auf 278. Die stärksten Zunahmen gab es im Vorjahr übrigens im chinesischen Changchun und in Taoyuan in Taiwan.
Das vollständige Ranking und Details zur Erhebungsmethode finden Sie hier. Für die Auswertung hat TomTom die anonymisierten Daten von mehr als 600 Millionen Autolenkern weltweit analysiert.