Chronik/Österreich

Alpenverein: Fast ein Viertel der Mitglieder sind Wiener

Das Wandern ist nicht nur des Müllers, sondern des Österreichers und vor allem des Wieners Lust.  2018 meldeten sich 9290 neue Mitglieder aus Wien beim Alpenverein an, damit liegt die Stadt an vorderster Stelle. In den vergangenen zehn Jahren gewann der österreichische Alpenverein 210.000 neue Mitglieder, das sind 37 Prozent des aktuellen Mitgliederstands.  In seiner 157-jährigen Vereinsgeschichte ist die Mitgliederzahl auf insgesamt 573.000 herangewachsen.

Dieser Trend ist schon seit längerer Zeit kein Phänomen bergnaher, ländlicher Gebiete. Knapp ein Viertel der Mitglieder im Verein seien Wiener, heißt es beim Alpenverein.

Trend zur Outdoor- und Erlebnisorientrierung

Der gesellschaftliche Trend geht eindeutig in Richtung Outdoor- und Erlebnisorientierung, Ökologisierung und Gesundheitsbewusstsein. Diese Freizeitorientierung wirkt sich in jedem Altersbereich aus. "Unser ältestes Mitglied ist schon 106 Jahre alt und unser jüngstes war zum Anmeldezeitpunkt erst 14 Tage jung", erzählt Andreas Ermacora, Präsident des Österreichischen Alpenvereins. Das Durchschnittsalter der Mitglieder liegt bei rund 42 Jahren, 29 Prozent der Mitglieder sind jünger als 30 Jahre.

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Trend auch in der Sozialforschung erkannt

Diese gesellschaftliche Entwicklung erkennt auch der Freizeitforscher Peter Zellmann. Beim Wandern und Klettern handle es sich nämlich nicht nur um eine "Modewelle", sondern um einen langfristigen, gesellschaftlichen Trend. "Das sind keine Freizeitaktivitäten, die von der älteren Generation mit erhobenem Zeigefinger vorgelebt und dann übernommen wurden, sondern genau umgekehrt. Dieser Trend hat sich aus dem Lebensstil junger Menschen heraus entwickelt und ist dann in andere Altersklassen ausgeufert", erklärt Peter Zellmann.

Naturschutz und Naturnähe

Welche Gründe bringen nun die Menschen so zahlreich zum Bergsport und zum Vereinsbeitritt? Beim Österreichischen Alpenverein sieht man dafür mehrere Ursachen. Präsident Ermacora sagt: "Die Leute sehnen sich nach Ruhe und Natur, wir sind Förderer des Bergsports, bei dem sie genau das bekommen. Neben dem massenhaften Skitourismus bieten wir den Leuten auch einen 'sanften Tourismus'. Außerdem sehen viele uns als eine Art 'Anwalt der Alpen', wir kümmern uns um Naturschutz-Themen und die Erhaltung des Alpenraums." Vor allem für eine langjährige Mitgliedschaft im Verein sei dies ein zentrales Thema.

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Fritz Macher, Leiter einer Wiener Sektion des Alpenvereins, erzählt: "Bei Ehrungen langjähriger Mitglieder fällt meist eine Botschaft sehr auf. Zum Verein gekommen sind die meisten aufgrund von Hilfestellungen im Bergsport. Dabei bleiben tun aber viele aufgrund von Wert- und Gesinnungsmotiven. Denn viele ältere Mitglieder gehen nicht mehr in die Berge, aber wollen weiterhin unsere Arbeit in der Wegerhaltung und im Naturschutz unterstützen."

Zuwachs aus der Großstadt

Ein weiterer Grund für den großen Zuwachs der Mitglieder insbesondere aus dem städtischen Raum sei auch die zunehmende Mobilität der Menschen. Selbst in Innsbruck ist man von Wien aus in vier Stunden. Auch der Zuzug spiele eine Rolle. Dieter Holzweber vom Alpenverein meint: "Uns geht es auch darum unsere Mitglieder zu einem umweltbewussten Verhalten im Naturraum zu erziehen. Auch Neunankömmlinge in Österreich wollen in die Natur und werden bei uns ausgebildet."

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In Wien gibt es beispielsweise die Wandergruppe "Wiener Melange", die ihren Fokus auf Menschen mit Migrationshintergrund legt. Einmal pro Woche findet eine solche Wanderung statt. "Wir haben auch schon erlebt, dass junge Leute dann mit einem kleinen Koffer statt mit einem Rucksack kommen. Unsere Aufgabe ist es dann sie auf den Alpenraum vorzubereiten", erzählt Dieter Holzweber.

von Theresa Bittermann