Chronik/Oberösterreich

Neos-Landessprecher: „Die schwarze Allmacht braucht Kontrolle“

Felix Eypeltauer (28) sitzt für die Neos im Nationalrat und ist Landessprecher. Bei der Landtagswahl 2021 will er als Spitzenkandidat ins Rennen gehen.

KURIER: Ihre Großmutter war Staatssekretärin, Ihr Urgroßvater, Ernst Koref, erster Linzer Bürgermeister nach dem Zweiten Weltkrieg, beides SPÖler. Warum haben Sie sich für Pink entschieden?

Felix Eypeltauer: Ich möchte eine Gesellschaft, in der jeder oder jede die Chance hat, aus eigenem Antrieb was zu erreichen und sich zu entfalten. Das ist 1:1 das, wofür die Neos stehen.

Das politische Interesse kommt trotzdem von zu Hause?

Ja, total. Ich bin damit aufgewachsen, dass Politik etwas ist, das jeden angeht und wo man selber mitmacht. Politik sollte selbstverständlicher und offener sein, denn es gibt extrem wenig junge Politiker. Im Gemeinderat und im Nationalrat wird es langsam besser. Im Landtag sehe ich im wahrsten Sinne des Wortes schwarz.

Wie könnte man Junge in den Landtag ziehen?

Es kommt darauf an, wie das Parteien zulassen. Der Druck wird immer stärker, junge Menschen nach vorne zu lassen. Ich glaube, da haben wir Neos dazu beigetragen. Und eine gewisse Verantwortung liegt auch bei den Politikern selber. Da gab es dieses jahrzehntelange Hickhack zwischen Rot und Schwarz, das viele Menschen abgestoßen hat.

Gibt es bei Ihnen daheim kein rot-schwarzes, dafür ein rot-pinkes Hickhack?

Nein. Gerade, wenn du in einer Familie bist, in der der politische Grundtenor ein anderer ist, profitierst du total davon, weil du ständig deine Argumente abklopfst. Wenn du in der Familie politisiert, dann willst du ja eine gemeinsame Lösung finden. Das ist ein sehr gutes Training dafür, wie Politik sein soll. Und was ich schon sagen kann: Bei der Chancengerechtigkeit bin ich mir auch mit meiner Oma einig. Und auch, dass es ein Problem ist, wenn eine Partei, hier die ÖVP, die absolute Allmacht über Jahrzehnte hat.

Sie kandidieren nun für die Landtagswahlen 2021?

Ja. Ich habe gemerkt, dass ich in Oberösterreich einen Unterschied machen kann: Ich kann kontrollieren, das habe ich in Linz fünf Jahre lang gemacht. Stichwort Aktenaffäre und SWAP. Dann weiß ich, wie ein Land funktioniert, weil ich Büroleiter der Salzburger Landesrätin Klambauer war. Und ich kann eine Stimme für Junge sein.

Nun ist die Wahl in etwa einem Jahr. Bis dato hatte man das Gefühl, dass die Neos an OÖ nicht interessiert sind. Auch dass Sie das Gesicht der Neos werden sollen, wurde nicht groß publiziert.

Es war jetzt viel Arbeit im Hintergrund, wie Struktur aufbauen. Das ist nichts, was in einem OÖ-Medium auf der Headline steht. Wir setzen auf direkten Kontakt, denn du kannst einen Landtagswahlkampf nur gewinnen, wenn du in den Gemeinden präsent bist. Wir organisieren etwa „Neos at Home“, weil wir Unterstützer haben, die darauf achten müssen, nicht mit uns in Verbindung gebracht zu werden, weil sie ansonsten negative Auswirkungen auf ihre Firma fürchten. Da bin ich wieder bei der schwarzen Allmacht, die Kontrolle braucht.

Auch die Bürgermeister müssen sich 2021 der Wahl stellen. Glauben Sie, als ehemaliger Linzer Gemeinderat, dass Klaus Luger (SPÖ) in Linz bleibt?

Ich glaube, dass Luger als Kopf der Linzer SPÖ bleiben wird, weil es niemanden gibt, der ihn ersetzen könnte. Die Frage ist, hat er die bequeme Mehrheit mit der FPÖ oder muss er jedes Mal verhandeln.

Wie erklären Sie sich die derzeitige Krise der SPÖ auf Bundesebene?

Wenn ich das wüsste, wäre ich gut verdienender Politikberater (lacht). Ich glaube, dass die Menschen anerkennen, dass die Sozialdemokratie eine Vielzahl an wertvollen Errungenschaften im vergangenen Jahrhundert erzielt hat. Was niemand so recht weiß ist, was da noch kommen soll. Es gelingt ihnen nicht, moderne Antworten auf moderne Probleme zu entwickeln. Du musst eine Antwort auf den Bildungsnotstand haben. Du musst eine Antwort auf den wirtschaftlichen, globalen Wettbewerb haben.

Wie lautet die Antwort der Neos auf Letzteres?

Wir haben zu hohe Lohnnebenkosten. Das schlägt sich auf die Kaufkraft nieder. Zweitens haben wir eine Gewerbeordnung, die in ihren Grundzügen antik ist. Wir haben eine Risikokultur, die verkümmert ist. Das sind Dinge, die sich ändern müssen. Und es ist ein Bildungsthema. Die Chinesen machen viel, das mir zutiefst zuwider ist, aber es gelingt ihnen, hoch qualifizierte Arbeitskräfte hervorzubringen, die es schaffen, diese Dominanz anzutreiben. Deshalb bin ich bei den Neos, weil Bildung der Schlüssel zu einer funktionierenden Wirtschaft, zu einer fairen Gesellschaft und zur Entfaltung des Einzelnen ist. Ich meine, wie geil ist das: Du hast einen Hebel, den du gescheit betätigen musst, und der all diese Probleme erledigen könnte. Und dann haben wir einen Lockdown und erleben, dass für dieses allerwichtigste System kein Plan da ist.

Sie haben Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), als er knapp vor Schulschluss in fünf Bezirken die Schulen schließen ließ, scharf kritisiert.

Da wurden Schulen geschlossen, in denen kein einziger Verdachtsfall war. Das war eine Holzhammer-Entscheidung. Es war planlos und panisch. Was wir fordern: Schnell testen, Kontaktpersonen verfolgen und dann punktuell die Betroffenen in Quarantäne schicken. Und was sagt ein Bildungsminister Faßmann, was sagt ein Gesundheitsminister Rudi Anschober jetzt? Genau das. Dass es nicht sein kann, dass Schulen wegen eines Falls zugesperrt werden.

Sie sind also mit dem vorgestellten Plan vom Bildungsminister zufrieden?

Der Ansatz, dass ein Schnupfen keine Schule schließen darf, ist vollkommen richtig. Ob das im Herbst so funktioniert, ist fraglich, weil wir nach wie vor keine Teststrategie und Prozesse haben. Da werden sehr viele Entscheidungen an den Schulstandort abgewälzt. Wir fordern deshalb, dass jeder Schulstandort einen Gesundheitsmanager braucht. Das kann etwa ein Schularzt sein.

Sie haben vorher von der Allmacht der ÖVP gesprochen. Wie würde Ihr Entwurf für OÖ aussehen?

Ich bin nicht der Meinung von Landesrat Achleitner und Landeshauptmann Stelzer, die sagen: Wir brauchen ein Comeback. Wir brauchen kein Comeback von dem, was vorher war, denn das war nicht genug. Wir brauchen einen Neustart. Das heißt, wir müssen schauen, wo wir unsere Unternehmen entlasten können. Denn die Wirtschaft kann Arbeitsplätze schaffen, wenn man ihr Luft zum Atmen gibt. Das zweite sind Investitionen in die Infrastruktur auf der Schiene. Da stört es mich, dass der Schwarze Peter an das Ministerium abgeschoben wird. Ich glaube, dass da das Land auch viel machen könnte.

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