Chronik/Niederösterreich

Wohnbau-Krimi: Drahtzieher mit Rollator ist verhandlungsunfähig

Der Hauptangeklagte im Wiener Neustädter Prozess um die ehemals gemeinnützige Wohnungs-und Siedlungsgesellschaft "die Eigentum“ ist laut einem neuen Gutachten verhandlungsunfähig.

Das teilte Birgit Borns, Sprecherin des Landesgerichts Wiener Neustadt, am Dienstag auf APA-Anfrage mit. Der Monsterprozess um betrügerische Krida mit rund 22,4 Millionen Euro Schaden gegen sechs Beschuldigte hat am Montag spektakulär begonnen.

Der mutmaßliche Millionenbetrüger und Hauptangeklagte Wolfgang U. (65) hatte sich mit einem Rollator in den großen Schwurgerichtssaal geschleppt. Wenig später verließ er den Verhandlungssaal wegen seines schlechten Zustandes wieder. Als ihn die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Sommer beschatten ließ, benötigte der Tatverdächtige keine Gehhilfe, fuhr selbstständig mit dem Auto und saß stundenlang im Wirtshaus.

Prozess geht ohne den Hauptverdächtigen weiter

Sein Gesundheitszustand habe sich laut dem neuen Gutachten aber deutlich verschlechtert. Nun muss erneut über die U-Haft des 65-Jährigen entschieden werden. Der Prozess soll am Mittwoch ohne den Hauptangeklagten fortgesetzt werden, weitere Verhandlungstage sind bis zum 27. November geplant.

"Er trickste, tarnte und täuschte“

Im Verfahren geht es "um den Missbrauch des gemeinnützigen Wohnbaus in Österreich“, erklärte der Ankläger der WKStA in seinem Eröffnungsvortrag am Montag. "Er trickste, tarnte und täuschte“, sagte der Staatsanwalt über den Erstangeklagten aus.

Der ehemalige Geschäftsführer soll u.a. Wohnungen weit unter ihrem Wert an sein Umfeld und andere Unternehmen verkauft haben. Außerdem sollen unbesicherte Darlehen an Gesellschafter oder Familienangehörige vergeben worden sein.

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Aufgrund einschlägiger Vorstrafen in Verbindung mit einem früheren Unternehmen habe der 65-Jährige zunächst nicht selbst als Geschäftsführer und Eigentümer in diversen Firmen aufscheinen können. Deshalb, so der Vorwurf, habe er dessen Frau, die inzwischen verstorben ist, als Geschäftsführerin vorgeschoben. Auch die 32-jährige Tochter soll diverse Scheinfunktionen ausgeübt haben, weshalb sie mitangeklagt ist.

Unterschriften im Notariatsakt gefälscht

Der Beschuldigte "verschleierte die wahren Eigentumsverhältnisse“, so der Oberstaatsanwalt. Weil die Aufsichtsbehörde dem früheren Geschäftsführer auf den Fersen war, habe er den Firmensitz von Wien nach Niederösterreich und, "als es wieder eng wurde“, kurzfristig ins Ausland verlegt. Dem 65-Jährigen werden auch die Vergehen des falschen Vermögensverzeichnisses im Insolvenzverfahren und der Fälschung besonders geschützter Urkunden vorgeworfen, weil er laut einem graphologischen Gutachten Unterschriften auf Notariatsakten gefälscht haben soll.