Chronik/Niederösterreich

Scheibbs: Wie sich eine Kleinstadt eine private Krankenanstalt angelte

Wenn alle Pläne fristgerecht aufgehen, dann eröffnet in der Bezirksstadt Scheibbs zu Beginn des nächsten Jahres eine neue private Krankenanstalt. Im neuen „Physio-Institut Scheibbs“ sollen künftig über Kassenabrechnung an die 130 Patienten täglich in den Bereichen Bewegungstherapie, Physio- und Ergotherapie, sowie Logopädie behandelt werden. Unter ärztlicher Führung werden hier 15 Therapeuten arbeiten.

Riesenchance

Als einzigartige Chance und als ein Glückslos für die Stadt bezeichnet Bürgermeister Franz Aigner das Engagement der Meta Beteiligungs GmbH., die im Westen Österreichs bereits fünf derartiger Krankenanstalten (zweimal Salzburg, Oberndorf, Knittelfeld und Liezen in Osttirol) erfolgreich betreibt.

Hinter der Gruppe stecken Geschäftsführer Christian Endl und auch der als langjähriger Damencheftrainer des ÖSV aktiv gewesene Herbert Mandl. Der in Tirol lebende gebürtige Göstlinger bringt auch sportmedizinische Erfahrung ins Projekt mit ein. Neben den Behandlungen  zur raschen Mobilmachung nach Operationen oder Unfällen soll auch Sport- und Leistungsdiagnostik im Institut möglich sein, kündigte Mandl bei der Präsentation am Dienstag an.

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Den Standort Scheibbs habe man deshalb gewählt, weil die Bewohner der Region derzeit weite Fahrten nach Amstetten, St. Pölten,  Krems  oder auch Wien in Kauf nehmen müssten, um ein derartiges Therapieangebot zu bekommen, begründete Endl die Wahl der Bezirksstadt.

Rund 70.000 Einwohner im Nahbereich und 187.000 mit einer von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) als tolerierbar bezeichneten Anfahrtszeit von 35 Minuten stellen eine gute Basis für das Institut dar, war Endl überzeugt. Außerdem soll die Orthopädie-Abteilung im Scheibbser Landesklinikum ausgebaut werden. Mit der Spitalsabteilung wolle man intensiv zusammenarbeiten, versicherten die Investoren.

Rund 350.000 Euro wird die Gesellschaft in die Infrastruktur eines Stadthauses am Bahnhofsplatz, das die Gruppe nun von der Gemeinde Scheibbs  um 180.000 Euro erworben hat, investieren. Die baulichen Richtlinien dafür gebe das NÖ Krankenanstaltengesetz vor.

Debatte

Dem Hausverkauf ging in der Vorwoche eine heftige politische Debatte im Gemeinderat voraus. SPÖ und die grüne Liste BUGS kritisierten den Verkaufspreis als viel zu billig, der Verkaufswert liege bei fast dem Doppelten, argumentierten sie. Auch eine Vermietung oder ein Baurechtsvertrag wären für die Opposition tragfähiger gewesen.

Die ÖVP unter Stadtchef Aigner setzte den Verkauf in einem Mehrheitsbeschluss durch. Den geringeren Verkaufspreis begründete Aigner mit einer bewussten wirtschaftlichen Starthilfe. „Wer ein Haus selbst besitzt, ist noch mehr an der erfolgreichen Nutzung interessiert“, argumentierte Aigner unter anderem. Angesichts des akuten Mangels, speziell im Hausarztbereich in der Stadt, wird das neue medizinische Angebot mit offenen Armen begrüßt. Bei Öffnungszeiten an den Wochentagen von 7 bis 20 Uhr soll die Klinik auch für Berufstätige attraktiv sein.  „Da ist sicher auch eine Belebung der anderen Betriebe in der Stadt zu erwarten“, sagte ÖVP-Vizebürgermeister Martin Luger.

Aktuell laufen die Verhandlungen mit der ÖGK um den konkreten Kassenvertrag. Grundsätzlich hat die Krankenkasse der Gründung der privaten Krankenanstalt aber bereits zugestimmt, berichtete Endl. Auch die Personalsuche haben die Betreiber bereits gestartet. Endl rechnete damit, dass wegen der jährlich knappen Zahl an Fachhochschulabsolventen auch in Nachbarländern ausgebildete und in Österreich nostrifizierte Fachkräfte engagiert werden können. 

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