NÖ: Dringlicher Pflege-Appell an die nächste Bundesregierung
Aufgrund der „absoluten Dringlichkeit“ richten die Verantwortlichen des Hilfswerk Niederösterreich bereits jetzt einen Appell an jene Bundesregierung, die erst nach den Wahlen im September fixiert werden kann.
"Das Thema Pflege muss im künftigen Regierungsprogramm ein Schwerpunktthema sein. Jetzt sind keine Kompromisse mehr zulässig“, fordert NÖ Hilfswerkpräsidentin Michaela Hinterholzer.
Der Bund und das Land NÖ hätten im Kampf gegen die drohende Pflegemisere einiges in die Wege geleitet, gesteht Hinterholzer ein.
Positive Ansätze
Stipendien für Pflegestudenten, die Erweiterung des Berufsbildes oder die Ankündigung einer einheitlichen Stelle für die Nostrifizierung von ausländischen Pflegekräften nannte Hinterholzer als positive Ansätze, die aber allesamt noch viel Luft nach oben hätten.
"Das Thema Pflege wird die soziale Frage des 21. Jahrhunderts“, ist Hinterholzer angesichts der demografischen Entwicklung überzeugt. Schon jetzt sei es eine Herausforderung, jene sechs Prozent der Bevölkerung, die über 80 Jahre alt ist, zu betreuen.
Im Jahr 2050 werde es mit zwölf Prozent doppelt so viele 80-Jährige geben. Die schon jetzt fast nicht mehr bewältigbare Nachfrage nach Pflegekräften werde noch massiv ansteigen.
Pflegedienste
Mit 2.700 Mitarbeiterinnen im Rücken, die in NÖ 8.000 Menschen in ihren Familien betreuen, fordern Hinterholzer und Hilfswerk-Geschäftsführer vor allen eine gesetzliche Entbürokratisierung und Erleichterung bei der Ausübung des Pflegeberufs.
Immerhin gebe es 90.000 ausgebildete Pflegekräfte in Österreich, die dem Beruf den Rücken zugewendet hätten. In den meisten Fällen würden die Betroffenen nicht wegen der Pflegearbeit, sondern wegen zermürbender Begleitumstände das Handtuch werfen, so die Hilfswerk-Verantwortlichen.
Aus der Praxis kenne er eine Vielzahl von Beispielen, die die Stimmung beim Personal trüben und Ursache für große Unzufriedenheit seien, versichert Gleirscher.
Er nennt ungeeignete Windeln, die für demenzkranke Patienten von der Krankenkasse bezahlt werden, während unwesentlich teurere, dafür aber funktionelle Windelhöschen nicht bezahlt werden. Ausländische Pflegekräfte hätten es schwer Fuß zu fassen, erklärt Gleirscher.
Führerscheine von bestens geschulten Pflegerinnen, etwa aus Tunesien, werden österreichweit von jeder Bezirkshauptmannschaft individuell anders bewertet. Und teuer von Dolmetschern übersetzte Leumundszeugnisse hätten nur drei Monate Gültigkeit und müssten dann wieder neu übersetzt werden.
Gesundheitsakte Elga
Großen Handlungsbedarf orten die Hilfswerk-Sprecher zudem bei der elektronischen Gesundheitsakte Elga. Die Einbindung der Pflegedienste würde große Erleichterung bringen, doch bis dahin seien wohl noch riesige Hürden zu überwinden, kritisieren Hinterholzer und Gleirscher.