Chronik/Niederösterreich

Niederösterreich: An der Leine und auf den Barrikaden

„Der tut eh nichts“ – ein gut gemeinter Satz, mit dem Hundebesitzer gerne beruhigen wollen. Aber auch ein Ärgernis für viele Spaziergänger. Nicht angeleinte Hunde – ein Streitpunkt auf Wald und Wiese. Der Drang in die Natur während des Lockdowns sowie die Novelle des Hundehaltegesetzes in Niederösterreich scheinen diese Diskussion nun neu angefacht zu haben. Die Gesetzesänderung vom vergangenen Herbst räumt den niederösterreichischen Gemeinden nämlich mehr Spielraum in puncto Leinen- und Maulkorbpflicht ein.

Vermehrte Beschwerden über nicht angeleinte Hunde nahm nun die Gemeinde Maria Enzersdorf (Bezirk Mödling) zum Anlass, auf den Grünflächen rund um die Burg Liechtenstein eine Leinenpflicht einzuführen. „Wir wissen, dass es Stimmen dagegen gibt. Aber wir haben uns das lang und breit überlegt und sind zu dem Schluss gekommen, dass im öffentlichen Raum einfach ein sicheres Umfeld geschaffen werden muss“, sagt der Bürgermeister Johann Zeiner (ÖVP) zum KURIER. Und mit seiner Vermutung lag er richtig, denn in den vergangenen Wochen ist aus dem Unmut einiger Hundebesitzer eine Petition entstanden.

Das Ziel? Ein Kompromiss

Etwa 250 Unterschriften hat Manfred Dönz, ein betroffener Hundebesitzer, bis dato gesammelt. „Wir wollen einen Kompromiss“, betont er. Sein Vorschlag: „Man könnte die Pflicht zur Leine zeitlich oder örtlich einschränken. Ich habe volles Verständnis dafür, dass es Hunde gibt, die an die Leine gehören. Aber eben nicht alle und nicht immer. Als Besitzer kann man ja auch darauf schauen“, argumentiert er.

Ob die Bürgerinitiative damit etwas erreicht, ist noch offen. Bürgermeister Zeiner betonte gegenüber dem KURIER jedenfalls, das Ziel der neuen Vorschriften sei auch, im gesamten Gemeindegebiet einheitliche Regeln zu haben.

Im öffentlichen Ortsgebiet gilt nämlich sowieso per Landesgesetz eine Pflicht zur Leine oder zum Maulkorb. Für Hunde „mit erhöhtem Gefährdungspotential“ gilt beides. Zum Ortsgebiet zähle der Bereich innerhalb der Siedlungsgrenzen, präzisiert die zuständige Abteilung vom Land NÖ. Wälder und Wiesen außerhalb des Siedlungsgebiets seien somit nicht von der Pflicht im Landesgesetz betroffen. Dort haben aber eben Gemeinden nun die Möglichkeit, jene Hundesicherungszonen wie in Maria Enzersdorf zu definieren. Auch auf Wanderwegen des Mödlinger Waldes käme es immer wieder zu Konflikten. Seit die dort gelegene Meiereiwiese explizit als Hundeverbotszone ausgewiesen wurde, hätte sich die Situation aber etwas entspannt. Hundesicherungszone gibt es dort noch keine.

Andrea Specht, Präsidentin des NÖ Tierschutzverbandes, bedauert die Verschärfungen. Dass es eigene Regeln und Zonen brauche, um Konflikte zu vermeiden, sei traurig. Sie informiert außerdem darüber, dass sie mit einer Expertengruppe gerade dabei sei, eine Optimierung der momentanen Gesetzeslage zu erarbeiten. Anfang 2021 sollen die Vorschläge präsentiert werden.

Mehr Hunderisse im Wald

Ein Problem mit frei laufenden Hunden im Wald haben aber nicht nur einige Spaziergänger, sondern auch der niederösterreichische Jagdverband. Durch Corona habe sich das Problem verschärft, sagt Sylvia Scherhaufer vom NÖ Jagdverband. Heuer habe es eine deutliche Zunahme an Hunderissen in den niederösterreichischen Wäldern gegeben. Auf den Wegen und in der Nähe des Besitzers sei ein Hund aus ihrer Sicht kein Problem, laufe er aber frei herum, würde er andere Tiere im Wald stören. Das NÖ Jagdgesetz erlaubt es, dass frei wildernde Hunde im Wald von Jägern getötet werden. Davon würde aber kaum Gebrauch gemacht. „Es wird grundsätzlich immer das Gespräch gesucht“, sagt sie.

Wien: Förster und Polizisten kontrollieren

Kein Pardon mit Haltern, die ihre Hunde frei laufen lassen, hat man auch in den Wiener Naherholungsgebieten. Vor allem im Nationalpark und insbesondere in der Oberen Lobau führt der Forstbetrieb der Stadt (MA49) in Kooperation mit der Polizei immer wieder  Schwerpunktkontrollen durch.

Zuerst werde höflich auf die Leinenpflicht hingewiesen, sagt Forstdirektor Andreas Januskovecz. Sollten unbelehrbare Hundehalter aber kein Einsehen zeigen, werde gestraft. Im günstigsten Fall droht ein Organmandat in Höhe von 21 Euro. Bei „Wiederholungstätern“ kann eine Anzeige aber bis zu 300 Euro kosten. Und was viele nicht wissen: Der Förster hat im Wald dieselben Rechte wie ein Polizist auf der Straße. Er darf also zum Vorzeigen des Ausweises auffordern.

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In der 1.500 Hektar großen Oberen Lobau, die pro Jahr von rund 1,2 Millionen Menschen als Naherholungsgebiet genutzt wird, kontrollieren MA49 und Polizei  die Leinenpflicht besonders streng. Schließlich sei sie Schutzgebiet für 800 Tier- und Pflanzenarten, wie Januskovecz erläutert. Ließen hier Hunderte Besucher ihre Hunde frei laufen, schrecke das die Wildtiere auf. Zudem beeinträchtige es das subjektive Sicherheitsgefühl der anderen Spaziergänger.

Die Lobau ist aber nicht das einzige Wiener Naherholungsgebiet, in dem renitente Hundehalter Gefahr laufen, sich eine Geldstrafe einzuhandeln. Auch im Wienerwald oder auf der Donauinsel gilt die Leinenpflicht (und gemäß dem Tierhaltegesetz auch ein 0,0-Promille-Gebot am hinteren Ende der Leine). Im Lainzer Tiergarten oder auf den Steinhof-Gründen herrscht dagegen ein striktes Hundeverbot.  

Die Regelungen in den anderen Bundesländern

Der Umgang mit  Hunden und der Leine ist in Österreich Sache der Landesgesetzgebung. In Oberösterreich gilt ähnlich wie in NÖ: An öffentlichen Orten im Ortsgebiet gilt eine Leinen- oder Maulkorbpflicht. Außerhalb des Ortsgebiets können Gemeinden über eine Leinen- oder Maulkorbpflicht verfügen. Ebenso ist die Regelung in Tirol.

Im Burgenland wird die Leinen- und Maulkorbpflicht komplett den Gemeinden überlassen. Ähnlich in Salzburg, wo im Landessicherheitsgesetz  festgehalten ist, dass Gemeinden über Leinen- oder Maulkorbpflicht entscheiden dürfen.  In Wien gilt eine generelle Leinen- oder Maulkorbpflicht. In der Steiermark sind Hunde an öffentlichen Plätzen und in Parks an der Leine zu führen.

Ebenso in Kärnten. Dort gilt außerdem, dass Leine oder Maulkorb außerhalb solcher Gebiete zumindest mitgeführt werden müssen. Kärntner Gemeinden haben außerdem die Möglichkeit, öffentliche Parkanlagen zu einer Hundeverbotszone zu erklären. Im Vorarlberger Gesetz steht, Hunde seien von Spielplätzen fernzuhalten, außer sie sind an der Leine.

Überwiegend ausgenommen von jenen Regelungen sind bissige oder als gefährlich definierte  Hunde. Für sie gilt in den meisten Fällen eine generelle Leinen- und Maulkorbpflicht.