42-Jähriger nach Vergiftung blind: "Einzigartiges Ausmaß an Kaltblütigkeit"
Die junge Frau, die am Dienstag von mehreren Justizwachebeamten in den Verhandlungssaal des Landesgerichts Korneuburg gebracht wird, wirkt fast schüchtern. Ihre langen, dunklen Haare hat sie zu einem Zopf geflochten. Sie hat eine Sonnenbrille ins Haar gesteckt.
Glaubt man der Staatsanwaltschaft, ist diese Frau allerdings alles andere als harmlos. Zwei Mal soll sie versucht haben, ihren Lebensgefährten in Glinzendorf, Bezirk Gänserndorf, zu vergiften. Zwei Mal überlebte der Mann knapp. Er ist seither erblindet.
"Das Ausmaß der Manipulation und Kaltblütigkeit in diesem Fall mutet einzigartig an", sagt Anklägerin Gudrun Bischof. Die Frau habe es auf das Vermögen des Landmaschinentechnikers Andreas F. abgesehen gehabt.
Magic Mushrooms
Im Juli 2022 soll laut Anklage der erste Mordversuch stattgefunden haben. Mit einem selbst angesetzten Getränk soll die Frau versucht haben, ihren Lebensgefährten zu vergiften. "Nach vier Tagen im Tiefschlaf wachte er fast vollständig erblindet auf", schildert die Anklägerin. Andreas F. hatte Methanol und Magic Mushrooms zu sich genommen.
Im November soll es dann zum zweiten Mordversuch gekommen sein. Die Weinviertler Konditorin gab dem Mann selbst gebackene Muffins, dazu Tabletten. Es dürfte sich unter anderem um Rohypnol gehandelt haben. Der 42-Jährige wurde bewusstlos. "Dann schnitt sie ihm mit einem Stanleymesser den linken Unterarm im Bereich der Pulsader auf", sagt die Staatsanwältin. Erst Stunden später soll die Frau die Rettung gerufen haben. Das Opfer überlebte erneut knapp.
Beide Vorwürfe bestreitet die Frau. "Sie hat ihm zwei Mal das Leben gerettet", sagt Anwalt Sascha Flatz. "Ihr war aber klar, dass es aussehen könnte, als hätte sie etwas damit zu tun. Deshalb kam sie zu mir."
"Dumme Idee"
Doch dann sei die Frau auf eine "dumme Idee" gekommen - sie fingierte einen Messerangriff auf sich selbst und wollte ihn Andreas F. in die Schuhe schieben. "Das tut ihr auch sehr leid."
Gleichzeitig instruierte sie Freunde und Familie, was sie bei Polizeibefragungen sagen sollten - etwa, dass der Mann sehr wohl sehen könne. Auch in der U-Haft übergab sie ihrer minderjährigen Tochter Anweisungen, versteckt in einer Tafel Schokolade. Darin stand, was sie der Polizei erzählen sollte. "Ohne mit der Wimper zu zucken, hat sie zwei Männer in U-Haft gebracht", hält die Staatsanwältin fest und betont die "äußerst manipulative Vorgehensweise."
"Die Staatsanwaltschaft stellt die Angeklagte als kaltblütige Mörderin dar. Aber das stimmt nicht", hält Anwalt Flatz dagegen. "Sie ist eine fürsorgliche Mutter und gute Partnerin."
Die Angeklagte selbst antwortet auf die Fragen der Richterin ausschweifend, schildert die angeblich ablehnenden Reaktionen auf die Beziehung von Freunden und Familie. Erzählt von den angeblichen Depressionen des Mannes - und der Reaktion, als sie die Beziehung beendete. Da habe er sich selbst am Unterarm geritzt. "Ich hatte Angst um ihn und vor ihm", schildert sie.
Geständig ist sie, was den fingierten Angriff auf sich selbst betrifft. "Mir hat man nicht mehr geglaubt. Also wollten wir ihm eine schwere Körperverletzung anhängen", erklärt sie als Motiv. Wobei auch hier schildert sie plötzlich, dass dies alles auf Druck eines Freundes passiert sei. "Er gab die Anweisungen."
Gute Staatsanwältin
Die Fragen der Staatsanwältin will die Angeklagte erst nicht beantworten. "Mein Anwalt hat mir gesagt, das soll ich nicht tun." "Warum?", fragt die Staatsanwältin daraufhin Anwalt Flatz. "Sie haben den Ruf, dass Sie sehr gut sind", bekommt sie als Antwort.
Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt. Dann kommt das 42-jährige Opfer zu Wort.