Chronik/Niederösterreich

Marley Wildthing: Stimmiger Musikexport

Marley Wildthing ist eine waschechte Weinviertlerin, die mit ihrer Musik und ihrem Namen schon seit Längerem Prag aufmischt. Nicht weil sie mit ihrem richtigen Namen Marlene Wilfing international nicht für Aufsehen sorgen würde oder ihr eine Verwandtschaft mit dem amtierenden NÖ Landtagspräsidenten (Karl Wilfing, Anm.) angedichtet wird, sondern: „Dieser Künstlername ist mir zugefallen. So nannte ich mich bei Facebook und beim ersten Poster, das von mir gedruckt wurde, übernahmen die Verantwortlichen einfach diesen Namen, ohne groß nachzufragen“, erzählt sie und der sei geblieben.

Irgendwie scheint „Wild thing“ (Wildes Ding, Anm.) auch zu passen, wenn sie beim Interview mit blauen Haaren und Hut, dem Bass und der Ukulele sowie einer Reisetasche dahinter gegenüber sitzt und strahlt.

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Wiege der Sängerin

Die 28-jährige Künstlerin ist auf dem Weg zurück nach Prag, wo sie seit fast fünf Jahren lebt – zumindest zu „zwei Dritteln, ich komme mindestens einmal im Monat nach Österreich und dann auch zu meiner Familie nach Poysdorf“. Am Vortag hat sie ein Konzert im Wiener Werk gegeben. „Es war toll. Im Moment ist es ein ganz besonderes Gefühl, wieder live vor Publikum zu spielen. Die Leute sind wahnsinnig dankbar für Musik, man hat das Gefühl, sie freuen sich jetzt erst recht, wenn jemand für sie spielt.“

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Dabei konnte sie sich das vor wenigen Jahren nicht vorstellen. Sie habe nie vor jemanden gesungen: „Singen ist etwas sehr persönliches, wo man seine Emotionen preisgibt. Das wollte ich nicht. Ich habe immer nur für mich gesungen, obwohl ich es geliebt habe.“ Das erste Mal vor Publikum tat sie es relativ spät, bei einem Auslandssemester in den Niederlanden. „Ich habe dort gelernt, auch vor anderen Probleme einzugestehen und zwar auf Englisch. Ab da war es auch beim Singen einfacher“, blickt sie zurück.

Seit zwei Jahren lebt sie vom Singen und ihrer Musik – die Texte sind allesamt auf Englisch. Vor fünf Jahren war das noch undenkbar: „Ich bin nach Prag gezogen, überhaupt nicht mit dem Plan, Musik zu machen – ich wollte einfach wo anders hin, das war auch nach einer Trennung und nach meinem Studium.“

Von Prag bis Amerika

Dort hat sie viele Künstler und Musiker kennengelernt und selbst spontan in Lokalen gespielt – aber immer erst „nach ein paar Bier“, lacht sie. „Das Publikum reagierte extrem positiv. Das hat mich motiviert, mehr damit zu machen.“ Dass ihre Musik nicht nur in Prag gut ankommt, hat sie beim Backpacken durch Amerika gemerkt: „Ich habe dort in Bars gespielt und einige Auftritte gehabt.“

Bald habe sie gemerkt, dass ihr Jam Sessions mit anderen Musikern und Musik produzieren ebenfalls Spaß machen. „Ich wollte nicht mehr zurück in ein anderes Leben.“ Und so wurde sie bei Bars und Clubs in ihrer Wahlheimat vorstellig. Heute kennt man die Sängerin mit der sanften Stimme nicht nur in der tschechischen Musikszene, sie tourt durch ganz Europa.

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Innen und außen

Auf der Bühne braucht sie nicht viel: „Grundsätzlich sind meine Instrumente Bass, griechische Bouzouki und Ukulele – und ich arbeite viel mit Looper (Effektgerät, Anm.).“ In ihren Songs geht es oft um das, „was sich im Innen abspielt“, seit einem Jahr würde aber immer mehr über Zwischenmenschliches und die Natur einfließen. „Ich mag es ganz gerne, kritische Sachen schön zu verpacken“, erzählt sie und spricht dabei ihr Musikvideo zu „Melting“ an, wo die Welt voller Dinge aus Plastik in Pink glitzert. Am Ende liegt Marley Wildthing im Pool und das Plastik um sie wird zu Plastikmüll. Die Musikvideos der Weinviertlerin werden mittlerweile im tschechischen Fernsehen gespielt.

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Ihre Fans freuen sich nach der ersten EP auf das Album, das im Frühling erscheint. Auf Neues von der Künstlerin muss man aber dennoch nicht mehr so lange warten. Während des Corona-bedingten Lockdowns ist ein Projekt mit dem slowakischen Musiker Dušan Marko entstanden. Das gemeinsame Album „Wildflower“ soll bereits im Herbst erscheinen. „

Als die Ausgangsbeschränkungen galten, waren mein Freund Marko und ich wochenlang in Poysdorf, dort haben wir viele Audio-Aufnahmen gemacht, die wir in unseren Songs eingebaut haben.“ So kommt es, dass bei einem Lied der Sound von Weinviertler Feldern zu hören ist. Die Zeit habe sie sehr genossen, auch wenn es finanziell nicht „so rosig“ war. „Vielleicht muss man eine Weile weg sein, um zu erkennen, dass das eigene Land schon sehr nett ist“, sagt sie mit Blick auf die Uhr, um den Zug nicht zu verpassen.

Marlene Wilfing aus Poysdorf verbirgt sich hinter dem Künstlernamen. Sie wurde am 8. Oktober 1991 geboren. Nach ihrer Matura am BORG Mistelbach studierte sie an der Universität Wien Niederlandistik. 2015 zog die Weinviertlerin nach Prag. Seither besucht sie Poysdorf regelmäßig und gibt auch Konzerte in Österreich. Seit 2018 ist Marlene Wilfing hauptberuflich Musikerin. Im Herbst erscheint  das Album „Wildflower“ von ihr und Musiker Dušan Marko, das in NÖ entstand.