Hauskauf in Weikendorf: Gericht gibt muslimischer Familie recht
Von Bernhard Ichner
Der Vergleich mit der Herbergssuche von Maria und Josef in Bethlehem mag deplatziert wirken – im konkreten Fall und angesichts des Datums drängt er sich aber auf. Auf der einen Seite steht die palästinensische Flüchtlingsfamilie Abu El Hosna, die sich in der Weinviertler Gemeinde Weikendorf niederlassen will. Und auf der anderen der Gemeinderat, der dies seit Monaten verhindert.
Jetzt hat die Gemeinde vor dem Landesverwaltungsgericht (LVwG) Niederösterreich allerdings den Kürzeren gezogen. Nachdem bereits die Grundverkehrsbehörde Familie Abu El Hosna den Hauskauf im Ortsteil Dörfles gestattet hatte, schmetterte nun die nächste Instanz die Beschwerde der Gemeinde ab. Für die Ablehnung gebe es keine rechtliche Grundlage.
Amtshaftungsklage
Einziehen kann die staatenlose Familie bis auf Weiteres trotzdem nicht. Denn die Gemeinde hat nun sechs Wochen Zeit, die Entscheidung vor Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof anzufechten.
Und so wie es aussieht, wird man diesen Weg auch beschreiten, sagt Vizebürgermeister Robert Jobst (ÖVP) wenige Wochen vor der Gemeinderatswahl: „Es gibt einen einstimmigen Gemeinderatsbeschluss, dass wir die Causa bis zur letzten Instanz durchfechten.“ (Im Gemeinderat sitzen neben der Mehrheitsfraktion ÖVP, SPÖ und FPÖ; Anm.) Der ursprüngliche Genehmigungsbescheid der Grundverkehrsbehörde bleibt somit vorerst nicht rechtskräftig.
Laut der Anwältin der Familie, Ex-SPÖ-Staatssekretärin Muna Duzdar, habe der Gang vors Höchstgericht „null Chance“ auf Erfolg, es handle sich lediglich um „eine mutwillige Verfahrensverzögerung“. Die Argumentation der Gemeinde vor dem LVwG, wonach das öffentliche Interesse „durch die negative mediale Berichterstattung gefährdet“ wäre, ist für die Juristin „absurd“. Habe die Gemeinde doch „erst durch ihr diskriminierendes Verhalten die Medienberichte provoziert“.
Duzdar prüft nun die Möglichkeit einer Amtshaftungsklage.
Bindender Kaufvertrag
Wie der KURIER als erstes Medium berichtete, hatte Bürgermeister Johann Zimmermann (ÖVP) den Stein heuer im Frühjahr ins Rollen gebracht, als er Familie Abu El Hosna im Namen der Gemeinde schriftlich mitteilte, „kein Interesse“ an ihrem Zuzug zu haben. Begründet wurde dies in der Erklärung an die Grundverkehrsbehörde mit dem Religionsbekenntnis der Palästinenser: „Die unterschiedlichen Kulturkreise der islamischen sowie der westlichen Welt“ würden „in ihren Wertvorstellungen, Sitten und Gebräuchen weit auseinander liegen“, betonte der Ortschef. Dies ziehe sich bis ins gesellschaftspolitische Leben.
Ein Ablehnungsgrund, den Familie Abu El Hosna als „zutiefst diskriminierend“ empfand. Dass die Religion kein Entscheidungskriterium für einen Hauskauf sein könne, betonte in der Folge auch ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.
Um das Haus, in das er mit seiner Frau und ein paar seiner neun Kinder ziehen möchte, kaufen zu können, hatte Vater Khalid Abu El Hosna gemeinsam mit zwei berufstätigen Söhnen einen Kredit aufgenommen. Das Geld ist seit März auf einem Treuhandkonto hinterlegt, von wo es der beauftragte Notar an den Verkäufer überweisen kann, sobald der Genehmigungsbescheid rechtskräftig ist.
Die Möglichkeit vom Kauf zurückzutreten, hat die Familie übrigens nicht - das lässt der Kaufvertrag laut Duzdar nicht zu.
"Im Sinne der Vernunft"
In einem Jahr dürfte Khalid Abu El Hosna, der im Dezember 2010 als Flüchtling nach Österreich kam, das Haus übrigens unabhängig von sämtlichen Gerichtsentscheidungen kaufen. Denn dann wäre die Mindestaufenthaltsdauer von zehn Jahren abgelaufen. Zurzeit ist die Familie bei Bekannten untergekommen.
Ein Appell kommt vom muslimischen Wiener SPÖ-Landtagsabgeordneten Omar Al-Rawi, an den sich die Familie ursprünglich Hilfe suchend gewandt hatte: "Im Sinne der Vernunft und der Gleichbehandlung könnte die Gemeinde die Sache endlich ruhen und die Familie einziehen lassen."