Feldzug im Internet gegen Gutachterin und Ankläger
Von Stefan Jedlicka
Am Anfang stand der Wunsch, zu helfen. Vermeintliche Opfer von Kindesmissbrauch wollte ein 63-jähriger Niederösterreicher dabei unterstützen, vor Gericht zu ihrem Recht zu kommen. Die dafür gewählten Mittel waren es jedoch, für die sich der Pensionist am Landesgericht Wiener Neustadt verantworten musste.
Denn auf einer eigens von ihm eingerichteten Homepage rief der Mann nicht nur dazu auf, Fälle von möglichen juristischen Fehlentscheidungen zu nennen. Er warf auch einem Staatsanwalt namentlich vor, für Kindesmissbrauchsprozesse jeweils dieselbe Sachverständige zu bestellen, die unrichtige Gutachten verfasse, um eine Einstellung der Verfahren zu ermöglichen. Im Gegenzug dafür werde sie laufend weiter beauftragt.
Schuldig bekennen wollte sich der 63-Jährige zum Vorwurf der Verleumdung aber „absolut nicht“. Er habe lediglich einen Verdacht geäußert, keine direkte Beschuldigung, lautete die Begründung. Er habe umfangreiche Recherchen – „im Internet und bei Rechtsanwälten“ – betrieben und sei zur Überzeugung gelangt, dass in mehreren Fällen unrichtige Gutachten zur Einstellung von Verfahren geführt hätten. Mütter betroffener Kinder hätten Kontakt zu ihm aufgenommen und ihm Prozessunterlagen zur Verfügung gestellt.
"Selbst Unrecht erlebt"
Ihm selbst sei vor etwa 25 Jahren beim Konkurs seines Unternehmens juristische Ungerechtigkeit widerfahren, weshalb er die Sorgen nachvollziehen könne, sagte der Mann. Die Frage der Richterin, ob diese subjektiven Erlebnisse zu einem generellen Vorurteil gegenüber der Justiz geführt haben könnten, verneinte er jedoch. Und berichtete vom konkreten Fall eines Kindes, das sich weigere, Zeit mit seinem Vater zu verbringen, dem Misshandlungen vorgeworfen, der aber nicht angeklagt wurde.
Zur Ladung weiterer Zeugen wurde der Prozess vertagt.