Chronik/Niederösterreich

Donnerwetter: Früher und extremer

18.824 Blitze  registrierte das österreichische Blitzortungssystem ALDIS Mittwochnacht, fast alle davon im Osten des Landes. In den vergangenen fünf Jahren gab es selbst im Hochsommer kaum einen Tag mit so vielen Blitzen. In Langenlebarn (Bezirk Tulln) wurden in nur wenigen Stunden 64 Millimeter Regen verzeichnet. Zum Vergleich: In einem durchschnittlichen Mai regnet es im ganzen Monat 76 Millimeter. Der KURIER hat die wichtigsten Fragen rund um das extreme Wetter zusammengefasst:

Warum wird das Wetter immer extremer?
Die Gewitter werden durch die Klimaerwärmung intensiver mit größeren Niederschlagsmengen. „Eine wärmere Atmosphäre kann mehr Wasserdampf halten als kältere Luft“, sagt Herbert Formayer vom Institut für Meteorologie der Universität für Bodenkultur (BOKU). „Ein Grad Temperaturerwärmung bedeuten bereits zehn Prozent mehr Niederschlag.“   Wegen des Klimawandels würden wärmere Perioden häufiger, kältere hingegen seltener, erklärt auch Georg Pistotnik, Klimaforscher von der ZAMG. Vor allem in den Übergangsjahreszeiten mache sich dies bemerkbar: „Die Erwärmung der letzten dreißig Jahre entspricht einer Verschiebung von etwa zehn bis vierzehn Tagen. So wie das Wetter im Durchschnitt Anfang Mai ist, war es vor einer Generation erst Mitte Mai.“

Wie genau lassen sich Unwetter prognostizieren?
Die Stärke von Gewittern lässt sich  Stunden vorher feststellen. Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik  hat eines der dichtesten Stationsnetze der Welt; insgesamt gibt es 250 Stationen in ganz Österreich. Da Blitze nicht immer punktgenau in Messstationen einschlagen, werden Radardaten als zusätzliche Parameter herangezogen. Hagel kann trotz des technischen Fortschritts nicht vorhergesagt werden. Hier muss man auf ehrenamtliche Wettermelder zurückgreifen, die in Echtzeit Meldungen an die ZAMG schicken.

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Wie kann ich mich vor Unwettern schützen?
 Mit einfachen Maßnahmen lassen sich Schäden verhindern. „Zum Beispiel können kleine Schwellen vor Türen dafür sorgen, dass das Wasser außen vorbei fließt und nicht in den Keller kommt“, sagt Formayer. Österreich sei in dieser Hinsicht noch  rückschrittlich. Private würden kaum Vorsorgen treffen, sondern die Verantwortung an Gemeinden und Länder abgeben. „In der Schweiz sind fast alle auf Hochwasser versichert. Die Versicherungen beraten, wie man sich  schützen kann. Dadurch reduziert sich die Prämie. Österreich wird umdenken müssen“, sagt der Experte dazu.
Bewährt haben sich Vorwarnsysteme heimischer Versicherungen, die mit österreichischen Wetterdiensten kooperieren. Private Versicherungsnehmer  werden mit aktuellen Wetterdaten per SMS zeitnah vor Unwettern gewarnt.

 

 Warum haben vor allem Städte mit den Niederschlagsmengen zu kämpfen?
„Versiegelte Gebiete sind besonders vom starken Niederschlag betroffen. Diese wirken sich auf alle Abwassersysteme aus – von Dachrinnen bis zur Kanalisation“, sagt Formayer. „Tulln zum Beispiel hat an sich ein gutes Kanalnetz, aber es ist auf eine gewisse Wassermenge pro Zeit dimensioniert. Wenn diese überschritten wird, staut es, das Wasser kann nicht abfließen und es schwappt zurück“, sagt Christoph Keiblinger von der Feuerwehr Tulln. Am Mittwoch gab es dort im Laufe des Abends insgesamt 34 Feuerwehreinsätze.

Wie sehr ist die Landwirtschaft beeinträchtigt?
Ein großes Problem stellen etwa ausgetrocknete Böden dar, diese können große Niederschlagsmengen  nicht aufnehmen. Zudem ändert sich vor allem die Verteilung der Niederschläge – es regnet kleinflächiger und auch intensiver.   Die Unwetter in Österreich haben zwar durch ihre Niederschläge vorerst die Trockenheitsprobleme in der Landwirtschaft entschärft, der Starkregen hat aber auch auf Feldern, besonders in Hanglagen, große Schäden angerichtet. Die sind vor allem durch ausgeschwemmte Erde und Pflanzen entstanden.  

Wie wirken sich die Unwetter auf Versicherungen aus?
Die Statistik der Hagelversicherung gibt einen guten Einblick, wie stark die Schadenssumme in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Laut Statistik gab es zuletzt nur ein Jahr, in dem die Schäden  unter 100 Millionen Euro geblieben sind, nämlich 2014. Im Jahr 2015 waren es 175 Millionen, 2016 270 Millionen,  und im vergangenen Jahr 2017 mit 250 Millionen Euro kaum weniger.  

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