Chronik/Niederösterreich

Bub in Hundebox gesperrt: "Zahnlose" Kommission scheitert mit Prüfung

Im Fall jenes Buben aus dem Waldviertel, der von seiner Mutter in eine Hundebox gesperrt und wochenlang gequält wurde, ortet Opferanwalt Timo Ruisinger Versäumnisse der NÖ Kinder- und Jugendwohlfahrt.

Um unabhängig vom Strafprozess zu überprüfen, ob bei der Vorgangsweise der zuständigen Abteilung der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen/Thaya auch keine Fehler passiert sind, hatte die zuständige Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) eine Überprüfung des Falles durch eine unabhängige „Kinderschutz“-Kommission angeordnet.

Dieser Plan scheiterte jedoch, wie aus dem am Dienstag präsentierten Bericht hervorgeht.

Sieben allgemeine Empfehlungen

Zwar gab die Kommission sieben allgemeine Empfehlungen ab. Wegen der Rechtsvorgaben der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Abteilung Bildung und Gesundheit des Landes war kein Einblick in den besagten Fall möglich. Die Kommission sei daher rasch an die Grenzen des inhaltlichen Austausches über den Anlassfall gestoßen, heißt es.

„Es war nicht möglich, die Dokumentationen der anderen Systeme einzusehen“, sagte Königsberger-Ludwig gegenüber der APA. Insbesondere die Bestimmungen des Datenschutzes und der berufsrechtlichen Verschwiegenheiten blockierten die Einsicht.

Als wichtigste Empfehlung der Gruppe gilt, dass Datenschutz und berufsrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtungen niemals den Austausch des Wissens im Interesse des Kinderschutzes blockieren dürften. Es müssen deshalb die geltenden Rechtsvorschriften auf Bundes- und Landesebene überprüf werden. „Der Datenschutz darf den Kinderschutz nicht ausbremsen“, so Königsberger-Ludwig. Angeregt wurde auch, eine ständige NÖ Kinderschutzkommission einzurichten, besonders mit Landes-externen Personen.

Aussagen im Prozess

Die Zeugeneinvernahmen der beteiligten Sozialarbeiter im Geschworenenprozess in Krems lassen ihre Arbeit im Fall des gequälten Buben (er war damals 12 Jahre) in keinem guten Licht erscheinen, die Behörde ist in Erklärungsnot.

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Ungereimtheiten

Auch Königsberger-Ludwig stellte fest, dass es Diskrepanzen zwischen den Unterlagen der Kinder- und Jugendwohlfahrt und den Aussagen zweier Sozialarbeiter vor Gericht gibt.

Diesen Ungereimtheiten werde nun auf den Grund gegangen. Die Landesrätin hat eine neuerliche Prüfung veranlasst. Untersucht wird von der Fachaufsicht des Landes nochmals, „ob alle rechtlichen und fachlichen Standards“ eingehalten wurden. Dazu wurde das Landesgericht Krems um die Übermittlung des Prozessprotokolls ersucht. „Es ist mir wirklich an restloser Aufklärung gelegen“, betonte Königsberger-Ludwig.

Auffallend ist laut Opferanwalt Timo Ruisinger, dass die Sozialarbeiter bei den Kontrollen in der Wohnung der Mutter „bedenkliche Zustände“ vermerkten, dies aber ohne Konsequenzen blieb.

In den Protokollen finden sich Vermerke, wonach der Bub am ganzen Körper zitterte, kein Kinderbett vorgefunden wurde und es in der Wohnung eiskalt war. Von der Schule und dem Spital lagen zwei Gefährdungsmeldungen vor. Die Anzeige des Krankenhauses wegen Verdachts auf Misshandlungen blieb eine Woche unbearbeitet.

Offene Fragen

Ob dies damit zu tun hatte, dass der Sachbearbeiter nur halbtags bei der BH beschäftigt war, wurde im Prozess nicht geklärt.

Ergebnis "enttäuschend"

Den am Dienstag präsentierten Bericht der Kommission sah Ruisinger kritisch und "enttäuschend". „Die Kommission hatte den Auftrag den konkreten Einzelfall, also diese Causa und den gesamten Verlauf zu durchleuchten. Offenbar war es relativ bald klar, dass insbesondere aufgrund des Datenschutzes dieses Ziel nicht umsetzbar war. Es ist zu hinterfragen, weshalb es dann Wochen bzw. Monate gedauert hat, dieses Nichtergebnis zu präsentieren", heißt es in seiner Stellungnahme.