Millionenbetrug mit Kryptowährung: "Beruhigungspillen" für Investoren
Von Anja Kröll
14 Sitzplätze für die Angeklagten gibt es in Verhandlungssaal 29 des Landesgerichts Klagenfurt. Und langsam aber sicher, wird es vor Richterin Claudia Bandion-Ortner eng.
Am Dienstag wurde der Millionenbetrugsfall um das Krypto-Geflecht von EXW-Wallet fortgesetzt. Wie berichtet, läuft bereits seit Ende September 2023 der Prozess.
Zunächst wurde neun Angeklagten gewerbsmäßig schwerer Betrug, Geldwäsche, Pyramidenspiel und kriminelle Vereinigung vorgeworfen. Sie sollen rund 40.000 Opfer um 100 Millionen Euro betrogen haben. Mittlerweile sind elf Männer angeklagt.
Stark vereinfacht haben Investoren Geld in eine Art Pyramidensystem einbezahlt, ausbezahlt sollen sie nie etwas bekommen haben. Der Verbleib von 100 Millionen Euro ist also völlig offen.
Voll umfänglich geständig, zeigte sich im Lauf des Prozesses bereits der Erstangeklagte: Ein 26-jähriger Schulabbrecher.
Doch am Dienstag ging es am Landesgericht in Klagenfurt um einen anderen Mann. Der 49-jährige Zehntangeklagte hatte seinen Auftritt in der Kärntner Landeshauptstadt.
Pikant: Das Landesgericht Klagenfurt kennt er bereits. Hier nahm er bereits zuvor als Zeuge Platz. Am Dienstag musste er sich nun als Beschuldigter verantworten. Der Mann soll bei EXW als Sprecher fungiert haben.
Negative Meldungen kleinreden
"Kommen sie doch gleich in die Mitte, das ist ihr Tag heute", verkündete Richterin Bandion-Ortner gleich zu Prozessbeginn. Der 49-Jährige bekannte sich nicht schuldig.
Die Staatsanwältin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Caroline Czedik-Eysenberg betonte, dass der 49-Jährige von Anfang an, Teil von EXW gewesen sei. "Seine Aufgabe war es auch, negative Berichte in den Medien über EXW kleinzureden", betonte Czedik-Eysenberg. Der 49-Jährige soll vor allem sinnbildlich "Beruhigungspillen verteilt und von EXW profitiert haben".
Tupperware und Krypto
Sein Anwalt beschrieb seinen Mandanten, der offiziell Vize-Präsident im Kryptogeflecht war, vielmehr als Mann mit sympathischen Auftreten und einem guten Wissen über Kryptowährung. Doch auch als Tupperware-Vertreter war der 49-Jährige zuvor tätig. "Er hat keine Beruhigungspillen verabreicht, vielmehr hat er sie erhalten", betonte sein Anwalt.
Eine Million Euro offen
Der 49-Jährige unterstrich in seiner Aussage, dass er an das System EXW geglaubt habe. "Ich habe mit EXW insgesamt vielleicht mehrere 100.000 Euro verdient. Aber ich war überzeugt, dass das Ganze stabil ist und darum das meiste Geld reinvestiert", betonte der 49-Jährige. Die Firma würde ihm laut seiner Rechnung somit gut eine Million Euro Schulden.
"Ich bin nie davon ausgegangen, dass die uns verarschen", betonte der Angeklagte mehrmals über seine ehemaligen Geschäftspartner, die er in Webinaren gerne als "Jungs aus Österreich" bezeichnete.
Wo sind die Millionen hin?
Wo ist denn das ganze Geld hin?, wollte Richterin Bandion-Ortner wissen. "Fragen Sie Herrn B.", antwortete der Angeklagte. Also jener Hauptverdächtige, der sich angeblich in Dubai auf der Flucht befinden soll.
Noch nicht aus Brasilien ausgeliefert
Weiterhin nicht ausgeliefert aus Brasilien ist ein Elftangeklagter. Sein Erscheinen vor Gericht wird für März erwartet. Bei ihm handelt es sich um eine weitere mögliche zentrale Figur im EXW-Firmengeflecht, die im laufenden Prozess von den Hauptangeklagten bisher schwer belastet wurde.
Besagter Mann soll sich nach dem Ende von EXW abgesetzt haben. Dort befindet er sich bereits seit April letzten Jahres in Haft.
Am Mittwoch wird der Prozess fortgesetzt. Dann mit weiteren Zeugenaussagen. Ein Urteil wird nicht vor Anfang April erwartet.