Zuleitung zum Neusiedler See: Burgenland prüft weiter alle Optionen
Für die geplante Zuleitung zum Neusiedler See, dessen Wasserstand sich seit knapp einem Jahr auf den niedrigsten Werten seit 1965 bewegt, prüft das Land Burgenland derzeit weiterhin alle Optionen. Im Raum stehen nach wie vor ein gemeinsames Projekt mit Ungarn und eine innerösterreichische Lösung.
Die Gespräche mit möglichen Kooperationspartnern laufen: "Nichts bleibt unversucht", hieß es auf APA-Anfrage aus dem Büro von Landesrat Heinrich Dorner (SPÖ).
Ziel ist es, den See und den Seewinkel mit zusätzlichem Wasser zu versorgen und langfristig abzusichern. Momentan macht sich beim Wasserstand der bisher trockene Winter bemerkbar. Er beträgt im Neusiedler See aktuell 115,03 Meter über Adria und ist damit über einen halben Meter vom mittleren Wasserstand seit 1965 entfernt. Auch im Vergleich zum Vorjahr ist der See um 21 Zentimeter seichter.
Ob eine Zuleitung machbar und sinnvoll ist, darüber sind sich Experten weiter uneinig - vor allem Naturschützer kritisieren das Vorhaben. Biologe Bernhard Kohler vom WWF hielt etwa kürzlich bei einer Tagung der burgenländischen Grünen fest: "Der See braucht Wasserstandsschwankungen, gelegentliche Austrocknungsereignisse und einen ausreichenden Salzgehalt für ein langfristiges Überleben."
In der Vergangenheit sei er ein bis zwei Mal pro Jahrhundert ausgetrocknet, mit Ausnahme des 20., was für einen Steppensee normal sei. Kohler befürchtet, dass eine künstliche Wasserzufuhr die Verlandung und damit das Verschwinden des Sees beschleunigen könnte.
Die Zuleitung bringe dem Wasserstand außerdem lediglich zehn Zentimeter pro Jahr. "Das geht bei 30 Grad im Sommer binnen zehn Tagen verloren", so Kohler. Dass man im See weiter schwimmen kann, werde sich damit ohnehin nicht ausgehen. "Den See retten, heißt, die Dotierung verhindern", betonte er.
Anders sieht das Hydrologe Georg Wolfram, der auch für das Land ein Gutachten erstellt hat. Er hielt fest, der See brauche zwar keine Zufuhr, er vertrage sie aber sehr wohl. Schon in der Vergangenheit sei er bei Hochwasser etwa mit Wasser aus der Donau überschwemmt worden und habe überlebt. "In dem Ausmaß, wie es jetzt angedacht ist, verträgt der See eine Wasserzufuhr", betonte er.
Klar sei aber auch, dass er damit nicht komplett aufgefüllt werde, sondern: "Man kann Niedrigwasserstände länger halten und auf Niederschlag warten", meinte Wolfram. Es werde somit nicht ein Badesee, sondern eine Wasserfläche erhalten, um das Mikroklima und das Ökosystem zumindest auf einer Restfläche zu bewahren.
Aufgrund der anhaltenden Trockenheit müssen im Seewinkel auch Landwirtschaft und Tourismus umdenken. Letzterer könnte sich vom Neusiedler See weg mehr in Richtung Kultur- und Weintourismus sowie Radfahren und Naturerlebnis bewegen, meinte Alois Lang, langjähriger Öko-Tourismusmanager des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel.
Das Potenzial dafür sei vorhanden und werde von einigen bereits genutzt: "Das renovierungsbedürftigste Strandbad hat Illmitz, dieselbe Gemeinde hat mit Abstand die höchste Bettenauslastung und die längste Saison." Dass es möglich sei, zeige auch das ungarische Fertörakos. Aufgrund des derzeit auf Eis liegenden Großprojekts habe es dort vier Saisonen lang kein Strandbad gegeben. Die Tourismuszahlen seien dennoch dieselben geblieben.