Chronik/Burgenland

Wohnungen am Oberberg sind Anrainern zu viel Verdichtung

Wo Jahrzehnte ein Einfamilienhaus stand, daneben vielleicht ein kleiner Stadel, steht heute ein Bau mit 17 Wohnungen. Dieses Beispiel aus der Wiener Straße im Eisenstädter Stadtteil Kleinhöflein steht für einen Trend, der seit Jahren in der Landeshauptstadt – laut Eigenmarketing „kleinste Großstadt der Welt“ – grassiert.

Was im türkis regierten Rathaus „sanfte Nachverdichtung“ heißt, empfinden viele Anrainer als überbordende Ausnützung relativ kleiner Grundstücke und Angriff auf gewachsene Strukturen einer Kleinstadt.

Jüngster Schauplatz dieser gegensätzlichen Sichtweise ist die beschauliche Kirchengasse am Oberberg.

Einen Steinwurf von der Haydnkirche entfernt klafft in der Kirchengasse 9-11 eine Baulücke, aber noch heuer will die WoGen Wohnprojekte-Genossenschaft e.Gen. mit dem Bau von 13 bis 17 Wohnungen beginnen, bestätigt WoGen-Aufsichtsrat Martin Kolaritsch dem KURIER.

Für und Wider

Die WoGen mit Sitz in Wien ist nach eigenen Angaben „Österreichs erste und einzige Bauträgerin, die ausschließlich gemeinschaftliche Wohnprojekte mit und für Menschen verwirklicht, die in Gemeinschaft leben wollen“. In der Nähe von Graz gibt‘s bereits eine kooperative Wohnform, in Wien ist ein weiteres Projekt geplant. Auch in Eisenstadt sollen die künftigen Mieter mitbestimmen, wie sie wohnen möchten und welche Gemeinschaftseinrichtungen ihnen wichtig sind (Werkstatt, Fitnessraum, Gemeinschaftsküche etc.). Sechs Personen aus dem Burgenland und Niederösterreich sind bisher dabei.

Es gebe „einen gültigen Baubescheid“, heißt es aus dem Rathaus. Straßenseitig werde der historische Charakter erhalten und Raum für Geschäfte und Nahversorger geschaffen: Das Projekt trage „zur Belebung des Oberberg bei“. Manche Anrainer sind da mehr als skeptisch. Man sammle Unterschriften und plane eine Petition an den Gemeinderat, sagt Wolfgang Pelikan. Von der Baubehörde möchte man wissen, ob dieses und ein weiteres geplantes Projekt in der Kirchengasse 31 nicht der vom Gemeinderat beschlossenen befristeten Bausperre unterliegen (siehe Info ganz unten).

Reinhard Schweifer, dessen mit einem Kompagnon gegründete Firma das Haus samt ehemaliger Tischlerei in der Kirchengasse 31 gekauft hat, will dort zwei Reihenhäuser und sieben Wohnungen errichten – noch steht die Bauverhandlung aus. Er habe das Projekt allen Anrainern persönlich vorgestellt und sei nicht wirklich auf Ablehnung gestoßen, wundert sich Schweifer. Zudem ist er überzeugt, dass das Grundstück künftig weniger verbaut sein werde als derzeit, weil die frühere Tischlerei wegfalle.

Befristeter Baustopp

Weil auch in klassischen Einfamilienhausgebieten  Begehrlichkeiten von Investoren und Bauträgern zunahmen, hat die Freistadt  im  September 2020 für maximal zwei Jahre einen Baustopp über einen Großteil des Stadtgebietes verhängt.

Beim Baustopp seien Zonen klassischer Einfamilienhausgegenden definiert worden, heißt es aktuell aus dem Rathaus. „Das ist der Großteil des Ober- und Unterberges nicht“. Beide seien wie die Fußgängerzone samt näherer Umgebung als Innenstadt deklariert und damit sei Nachverdichtung möglich.