Chronik/Burgenland

Verzögerung bei Schlumberger sorgt für politischen Kater

Dass Schlumberger die geplante Produktionsverlagerung von Wien nach Müllendorf auf unbestimmte Zeit verschiebt und wegen der örtlichen Bedenken gegen einen 33 Meter hohen Logistikturm ganz auf das Hochlager verzichtet und nur die Produktion von Wien ins Nordburgenland verlegen will, hat am Dienstag die schon im Sommermodus befindliche Landespolitik gehörig aufgescheucht. „Wir müssen das Konzept neu denken“, hatte Schlumberger-Vorstandsvorsitzender Arno Lippert überraschend kundgetan. Er wolle zwar am Bau der neuen Sektkellerei festhalten. Es gebe aber „kein Datum“ für den Baubeginn. Ursprünglich sollte der Spatenstich im heurigen Sommer sein.

Am späten Vormittag meldete sich Arbeitsmarkt-Landesrat Christian Illedits (SPÖ) zu Wort, am späten Nachmittag wollten dann der zuständige Wirtschaftslandesrat Alexander Petschnig (FPÖ) und der für Betriebsansiedelungen zuständige Geschäftsführer der Wirtschaftsservice Burgenland AG (WiBUG), Harald Zagiczek, vor die Presse treten.

Was ist passiert?

Seit gut zwei Jahren ist bekannt, dass der Sekthersteller seine neue Produktionsstätte wegen Anrainer-Protesten nicht im Stammsitz in NÖ, sondern im Burgenland errichtet. Der Produktionsstandort in Wien Heiligenstadt sei für Lkw verkehrstechnisch nicht gut erreichbar und der Standort stoße bald an seine Kapazitätsgrenzen, hieß es. Die "Kellerwelten" sowie die Firmenzentrale sollten aber in Wien bleiben. Rund 80 Millionen Euro (40 Mio. Eigenmittel, 35 Mio. Kredite und Darlehen sowie 6,5 Mio. Euro an EU-Förderungen) sollten in Müllendorf investiert werden, so Landesrat Illedits am Dienstag. Der Spatenstich für die neue Sektkellerei auf einem 122.000 großen Grundstück im Wirtschaftspark bei der A3 war im heurigen Sommer geplant, 2021 sollte das Werk in Betrieb gehen. Bis zu 78 Mitarbeiter sollten zunächst beschäftigt werden."Im Vollausbau sogar 150", wie Illedits anmerkte.

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Weil Schlumberger aber einen 33 Meter hohen Logistikturm mitplante, änderte der Müllendorfer Gemeinderat mit den Stimmen der absolut regierenden SPÖ die Bebauungsrichtlinie, die nur 26 Meter erlaubte. Die örtliche ÖVP unter Obmann Berthold Pavitsich wollte aus Gründen des Ortsbildes mit einer Volksabstimmung dagegenhalten, scheiterte aber am Aufbringen der nötigen Unterschriften. Für den roten Landesrat Illedits ist deshalb klar, dass "Parteipolitik" dem Wirtschaftsstandort Burgenland und dem Arbeitsmarkt geschadet habe. Er rechnet damit, dass sich der Baubeginn aufs Frühjahr oder überhaupt erst "auf Mitte kommenden Jahres" verschiebe.

Pavitsich wunderte sich hingegen über die jetzige Ankündigung von Schlumberger, denn seines Wissens habe der Konzern nach den Widerständen eingelenkt und den Logistikturm auf 26 Meter reduziert. "Die Landes-SPÖ hat Schlumberger vermutlich Zugeständnisse gemacht, die sie jetzt nicht einhalten kann und sucht deshalb einen Schuldigen". Dass er Eigentümer der ans geplante Betriebsgelände angrenzenden Ackerflächen sei und man ihm einen Grundstückstausch angeboten habe, um etwaige Ernteausfälle wegen zu viel Schattens zu kompensieren, dementiert der ÖVP-Politiker. "Man hat mir nichts angeboten" und überhaupt gehöre das Grundstück seinen Eltern und das alles habe mit der Sektkellerei nicht das Geringste zu tun.

Man sei "überhaupt nicht enttäuscht", versichert Schlumberger-Sprecher Markus Graser auf KURIER-Anfrage. In parteipolitische Auseinandersetzungen werde man sich nicht hineinziehen lassen. Er begründet die Planänderung mit "wirtschaftlichen" Überlegungen, lässt aber auch durchblicken, dass der Traditionsbetrieb großen Wert darauf lege, vorbehaltlos willkommen zu sein. Deshalb mache man nun in der Planungsphase einen Schritt zurück. Der Produktionsbetrieb komme sicher nach Müllendorf, auf ein Datum für den Baubeginn wollte sich der Sprecher nicht festlegen, ebenso wenig darauf, wie viele Arbeitsplätze nun tatsächlich im Burgenland entstehen. Schon jetzt habe man den Logistikbereich nach Achau in NÖ ausgelagert und das werde nun bis auf Weiteres so bleiben.