Chronik/Burgenland

Wasserstand des Neusiedler Sees steigt: Warnung vor trügerischer Entspannung

Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Region Neusiedler See sind im Zentrum einer Diskussion des Vereins "Zukunft See" am Dienstagabend in Breitenbrunn gestanden. Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb warnte dabei vor einfachen Lösungen für komplexe Fragen. Sie brach eine Lanze für notwendige Veränderungen, die sie nicht als Verzicht bezeichnen will.

Der Wasserstand des Neusiedler Sees ist zum Start dieses Sommers viel höher als im Vorjahr - um 25 Zentimeter aktuell - und vor allem im Jahr 2022, als er seit 1965 historisch tief war. Schon würde eine "gefährliche Entwarnung" gegeben und etwa bei der Grundwasserentnahme in der Region das Gefühl von "weiter wie bisher" vermittelt, gab Tourismusmanager Alois Lang zu bedenken.

Gefragt nach der vom Land Burgenland geplanten Wasserzuleitung zum Neusiedler See, um den Wasserstand zu heben, verwies die Klimaforscherin darauf, dass es hierfür bei manchen "große Bedenken" gebe, "wenn man Wasser aus einem anderen Biotop rein leitet". Die Frage der Zuleitung habe es in der Vergangenheit bereits etliche Male gegeben, wurde jedoch nicht umgesetzt. 

Wirklich beurteilen wollte sie eine etwaige Zuleitung nicht, warnte jedoch: "Man muss dort, wo man sich nicht sicher ist und das System nicht vollständig kennt, vorsichtig mit Eingriffen sein. Wir neigen dazu, dass wenn wir eine Lösung für ein Problem haben, sie dann umsetzen und übersehen dabei, dass man eigentlich die Vielfalt der damit betroffenen Aspekte sehen soll."

Christian Sailer, Leiter des Hauptreferats Wasserwirtschaft im Amt der burgenländischen Landesregierung, erklärte, dass es darum geht, das Gebiet nicht weiter zu entwässern: "Jeder Wassertropfen soll in der Region gehalten werden." Die Entwässerung des Seewinkels müsse verhindert werden und er zeigte sich zuversichtlich, dass dies gelingen wird.

Bei einer etwaigen Zuleitung sei auch nicht das Ziel, den See anzufüllen, sondern Trockenzeiten in der Region zu überbrücken. Aktuell sei der Wasserstand auch auf einem Niveau, der keine Zuleitung notwendig machen würde, betonte er.

Einen Beitrag gegen den Klimawandel könne jeder leisten, so die Klimaforscherin. Von Verzicht will sie dabei nicht sprechen, sondern von Gewohnheitsänderung. Sie selbst fahre seit Jahren nicht mehr Auto und sieht darin keinen Verzicht mehr. Beim Radfahren und Öffi-Nutzen sei sie auch viel stressfreier unterwegs. Wesentlich sei das Loslassen: "Sonst ändert sich ja nichts. Wir müssen anderes probieren." 

Was das Fliegen betrifft, geht Kromp-Kolb davon aus, dass die Langstrecke zwar weiterhin bestehen wird, die Kurzstrecke jedoch von der Bahn ersetzt wird - so es endlich ein einheitliches System gebe: "Der Flieger darf nicht bequemer sein als die Bahn."

Auch Lang betonte, dass man mit einer Maßnahme die Komplexität der Probleme nicht lösen könne. Ansätze könnten etwa im nachhaltigen Tourismus, im öffentlichen Verkehr oder in der Landwirtschaft liegen.