Experten schlagen Alarm: Zahl der Störche im Sinkflug
Der Storch gilt als das inoffizielle Wappentier des Burgenlandes: Das Nest am Hausdach mit den gefiederten Alt- und Jungstörchen darin. Das ist das Bild, das auch viele Touristen im Kopf haben, wenn sie an den Sommerurlaub in Pannonien denken.
Doch jetzt schlagen die Organisation Birdlife, die sich im Rahmen wissenschaftlicher Forschung für den den Erhalt der Vogelschutzgebiete einsetzt, und auch die Grünen im Burgenland Alarm: Seit Jahren nehme die Storchenpopulation kontinuierlich ab.
In wenigen Jahren, so die Befürchtung, könnte der Weißstorch gänzlich verschwunden sein.
Während es laut einer Statistik von Birdlife in den 1960er-Jahren noch etwa 230 Brutpaare im Burgenland gegeben habe, seien es jetzt nur mehr 120, sagt Daniel Leopolsberger von Birdlife Burgenland im KURIER-Gespräch.
Die Population im Nordburgenland rund um den Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel sei zwar relativ stabil, dagegen gibt es im Mittel- und Südburgenland einen deutlichen Rückgang, sagt Leopoldsberger.
So sind in den Orten Oberwart, Großpetersdorf und Güssing nur noch ein bis zwei Horstpaare zu finden, früher seien es fünf bis sechs gewesen. „Der Storch ist seinem Horst an und für sich sehr treu. Das Problem ist, dass die Nahrungsflächen von diesem Horst nicht zu weit entfernt sein sollten, weil der Storch nicht fünf Kilometer weit fliegen kann, um Nahrung für seine Jungen zu beschaffen“, erklärt der Bildlife-Mitarbeiter.
Die zunehmende Verbauung der Bodenflächen und die damit verschwindenden Wiesenflächen würden für den Weißstorch das Futterangebot stark einschränken.
Storchenverein
Als positives Beispiel für die Bereitstellung von Wiesenflächen nennt Leopoldsberger den Storchenverein Rust. Seit mehr als 25 Jahren kümmert sich der Verein darum, dass die Population steigt.
33 Nester stehen den gefiederten Sommergästen in Rust am Neusiedler See zur Verfügung, von den 16 Brutpaaren seien heuer 14 erfolgreich gewesen, sagt Obmann Josef Karassowitsch.
35 Jungstörche hat er heuer gezählt - trotz eines Ausfalls von sieben Jungtieren, die den kalten Mai nicht überlebt haben.
Wiese gepachtet
„Wir sind das ganze Jahr über mit den Störchen beschäftigt“, sagt Karassowitsch. Neben der Reinigung der bestehenden und der Anfertigung neuer Nester, hat der Verein auch gut sieben Hektar Wiese gepachtet, um seinen „tierischen Sommergästen“ einen „gefüllten Kühlschrank“ quasi direkt vor dem Nest zu bieten. Auf den Wiesenflächen finden die Vögel Frösche, Schlangen und Insekten.
„Die Wiesen sind maximal 300 Meter vom Horst entfernt.“ Beweidet werden die Flächen von Schafen, die auch das Schilf abfressen und so den See- bzw. Wasserzugang am Neusiedler See für den Storch freihalten.
Dass sich die Bemühungen des Vereins auszahlen, würden auch die Zahlen belegen, sagt Karassowitsch. Während es in den 1970er-Jahren noch rund 30 Brutpaare in Rust gegeben habe, sei diese Zahl auf zwei bis drei Anfang der 1990er Jahre gesunken. Die kontinuierlichen Bemühungen des Vereins würden nun Früchte tragen, denn der Bestand habe sich seither wieder erholt.
Der Grüne Landtagsabgeordnete Wolfgang Spitzmüller sieht für den burgenlandweiten Rückgang vor allem „die menschgemachte Zerstörung natürlicher Lebensräume, immer mehr versiegelte Böden, weniger Feuchtwiesen und den drastischen Rückgang an Futtertieren“ verantwortlich.
“Zwar sind die Rückgänge bei zahlreichen anderen Vögeln dramatischer, wie zB. bei Feldlerche, Rebhuhn, Kiebitz, allerdings ist der Storch das geheime Wappentier des Burgenlandes und für uns Menschen sichtbarer, da er vor allem auf unseren Dächern brütet", sagt Spitzmüller.
Daher brauche es eine Agrarwende, weg vom Einsatz von Agrargiften, hin zur Biolandwirtschaft. Dieses Ziel sei im Burgenland zwar angegangen worden, allerdings greife es erst langsam, so der Grüne-Abgeordnete.
Zudem würden immer mehr Wiesen nur gehäckselt und damit auch die Futtertiere der Vögel. "Der Einsatz von Insektiziden trägt ebenso zum Verschwinden der Insekten und damit der Vögel bei. Auch die immense Bodenversiegelung gehöre gestoppt.
„Alles Maßnahmen die wir Grünen seit langem fordern, leider nur teilweise auch mit Erfolg“, so die Nationalratskandidatin Irmi Salzer, selbst Biobäuerin. Deshalb wollen die Grünen die Bauern dabei unterstützen, auf nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden umzusteigen. "Dazu müssen wir die Gemeinsame Agrarpolitik der EU reformieren, es braucht aber auch Förderungen und Angebote auf Landesebene.“
Unterstützung etwa für die Forderung nach einer „nachhaltigen Bewirtschaftungsmethode in der Landwirtschaft“ bekommt Spitzmüller nicht nur von der burgenländischen Nationalratskandidatin der Grünen, Irmi Salzer, sondern auch vom Initiator des Tierschutzvolksbegehrens, Sebastian Bohrn Mena.
„Wenn wir die Agrarwende jetzt nicht einläuten, dann werden unsere Kinder und Enkelkinder die Störche nur noch im Bilderbuch bewundern können“, sagt Born Mehna. Im Burgenland seien wichtige Akzente gesetzt worden, „die aber auch bundespolitischen Niederschlag finden“ müssten.