Wein aus dem See: So schmeckt er nach 144 Tagen unter Wasser
Von Stefan Jedlicka
„Was als wissenschaftliches Projekt mit offenem Ausgang begann, wurde zu unserer großen Freude ein beachtlicher Wein“, sagt der Podersdorfer Fabian Sloboda. Sein „Wellentänzer“, ein Grauburgunder, lagerte von Martini 2017 bis zum Ostersonntag 2018 insgesamt 144 Tage lang in einer Boje im Neusiedler See – und überzeugte danach die Experten.
"Vergessene Erkenntnis"
„Die Erkenntnis, dass bewegter Wein besonders geschmackliche Eigenschaften entwickelt, ist nicht neu, wurde aber beinahe vergessen“, weiß Sloboda. Er stieß auf Berichte über die legendären „Retour des Indes“-Weine des Franzosen Louis Gaspard Estournel, die um 1800 nach Indien und teilweise wieder zurück verschifft wurden und reißenden Absatz fanden.
Der Ansatz des Podersdorfers war dabei aber noch ein anderer. „Man spricht in der Weinwelt oft von Terroir. Der Einfluss des Bodens auf den Wein endet aber normalerweise mit dem Abschneiden der Traube. Also kam mir die Idee, dass der Neusiedler See so etwas wie eine Vervielfältigung des Terroirs ist.“
Die „Lagerung in einem prägenden Gewässer“, wie es Sloboda formuliert, sei jedenfalls ein voller Erfolg gewesen. Der „Seewein“ wirke im Vergleich zum parallel gelagerten „Kellerwein“ deutlich harmonischer und ausgeglichener, findet er – und nicht nur er. Denn im Falstaff-Magazin erhielt der Wellentänzer beachtliche 93 von 100 möglichen Bewertungspunkten. Die verwendete Boje wurde eigens für das Experiment konstruiert und geplant. „Der große Aufwand für die Umsetzung hat sich bezahlt gemacht.“ Mittlerweile expandierte das Projekt auch in die Schweiz. Mit dem Weingut Irsslinger wurde eine Boje im Zürichsee verankert.