Chronik/Burgenland

Burgenland: Ein Landeskonzern als sozialer Wohltäter

Hans Peter Rucker hat schon schlechtere Zeiten erlebt. Als der Ex-Banker vor mehr als sechs Jahren die Landesholding übernahm, konnte er für 2016 mit mehr als 100.000 Euro nach Steuern erstmals einen kleinen Gewinn vorweisen.

In der Bilanz für 2021 sind es fünf Millionen Euro. Das Geld wird aber nicht verwendet, um den Wirtschaftsstandort Burgenland zu stärken, Innovation und Wachstum zu fördern oder Rücklagen zu bilden, sondern fließt als Sonderdividende in den Sozial- und Klimafonds des Landes, den Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) im März präsentiert hat. Das haben Generalversammlung und Aufsichtsrat der Landesholding beschlossen, Aufsichtsratschef ist Doskozil, sein Vize SPÖ-Sozial- und Wirtschaftslandesrat Leonhard Schneemann.

Sozialfonds

Der Fonds soll ab September Bedürftige unterstützen, denen die hohen Energiepreise über den Kopf wachsen. Insgesamt soll der Fonds mit rund 15 Millionen Euro dotiert sein. Im März wurden zwei andere Quellen genannt – eine Abgabe der ob der Krise gut verdienenden Energieerzeuger (z. B. Burgenland Energie) und eine Bündelung bestehender Sozialleistungen, vom Heizkostenzuschuss bis zum Semesterticket.

Dass die Landesholding die Sonderdividende ausschütten könne, sei auf deren „solide finanzielle Basis“ zurückzuführen, sagte Rucker am Mittwoch an der Seite Doskozils bei der Vorstellung der aktuellen Bilanzzahlen. Die Holding mit rund 4.800 Mitarbeitern hat eine Bilanzsumme von 2,53 Milliarden Euro, der Außenumsatz der aus 73 Gesellschaften bestehenden Gruppe betrug im Vorjahr 712 Millionen Euro, den größten Brocken stemmte die Burgenland Energie, in der das Land eine knappe Mehrheit hält. Besonders stolz ist Rucker, dass die Nettoverschuldung mit 1,25 Milliarden Euro nur um 50 Millionen Euro über dem Wert von 2016 liege – obwohl seither rund eine Milliarde investiert worden sei. Apropos Investitionen: 200 Millionen Euro für den Neubau des Krankenhauses Oberwart komme nicht über die Holding, sondern diese Summe habe „das Land zugesagt“.

„Fußballmannschaft“

Doskozil und Rucker wehrten sich auch gegen Vorwürfe, Gesellschaften der Landesholding würden privaten Unternehmen Aufträge wegnehmen (der KURIER hat berichtet). Seit 2020 wurden elf neue Gesellschaften gegründet, berichtete Rucker – also gleichsam ein Fußballteam. Darunter die Verkehrsbetriebe (VBB), die im Südburgenland Buslinien anbieten. Zur Kritik aus der Wirtschaftskammer (WK), dass die VBB auch Schulausflüge anbiete und damit im Kerngeschäft der kleinen privaten Busbetreiber wildere, sagte Rucker: Die VBB hätten einige Tausend Euro Umsatz mit Gelegenheitsverkehren erwirtschaftet, aber Aufträge von rund 80.000 Euro an private Busbetreiber vergeben.

Doskozil zieh die Kammer der „scheinheiligen Diskussion“, weil das Restaurant in der WK-Zentrale in Eisenstadt von einer Firma des Wissenschaftsministeriums, also des Staates, betrieben werde: „Wer ist da unternehmensfeindlich?“, fragte Doskozil eher rhetorisch.

Die Reaktion der Kammer fiel schmallippig aus: Diese Betriebskantine „mit eingeschränkten Öffnungszeiten beliefert weder Schulen noch Kindergärten“.