Norbert Pingitzer: Der Autor, der Geschichte(n) schreibt
Interesse an der historischen Entwicklung seines Heimatbundeslandes Burgenland, die hatte der gebürtige Mattersburger Norbert Pingitzer seit Jugendtagen. Während seine Freunde im Caféhaus saßen, hat er schon als junger Mann Gespräche mit älteren Bewohnern zu den verschiedenen Themen geführt und historische Fotos gesammelt. Das Gehörte und Gesehene hat der frühere Unternehmer dokumentiert – „im Wissen, dass die Erzählungen, ‚wie es damals war‘ sonst irgendwann verloren gegangen wären“. Entstanden ist aus dieser Zeitreise Pingitzers mittlerweile sechstes Buch „Tankstellen im Burgenland“ (Heimatverlag). Unterstützt wurde die Realisierung des Werkes von der Wirtschaftskammer Burgenland.
Fotos als Zeitzeugen
Zwischen 350 und 500 Fotos finden sich jeweils in den Bänden Pingitzers, die schon bisher die Geschichte der „Motorräder, Autos, Traktoren und Lkw im Burgenland“ sowie die dunkle Zeit rund um den „Anschluss“ aus regionaler Sichtweise beleuchten. „Nun war es naheliegend, auch etwas zum Thema Tankstellen zu machen.“ Vor zwei Jahren habe er begonnen, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Für seine Recherchen sei er quer durch das Land, von Kalch bis Kittsee, gefahren.
In seiner Zeitreise ging der Autor bis ins Jahr 1888 zurück. Damals fand der erste belegte Tankvorgang statt. Berta Benz, Ehefrau von Carl Benz, testet den Benz Motorwagen Typ 3 auf dem Weg von Mannheim nach Pforzheim auf seine Langstreckentauglichkeit. Als der Lenkerin der Sprit ausging, besorgte sie sich in einer Apotheke „Ligroin“.
Auch im Burgenland wurde der Sprit zunächst in Apotheken abgegeben. „In den 1980er-Jahren hatte ich mit Ernst ‚Ernö‘ Steiger – er war Jahrgang 1908 – einen Zeitzeugen gefunden, der zu den Anfängen der Tankstellen berichten konnte“, sagt Pingitzer.
Benzin aus Apotheke
Steigers Vater führte einst das Gasthaus „Zur Post“ in Mattersburg. „Ernö Steiger hat mir erzählt, dass ein Bekannter seines Vaters, ein Tierarzt, den Benzin für sein Motorrad in der Salvator Apotheke in Mattersburg gekauft hat.“
Nach dem Ersten Weltkrieg seien nach und nach die ersten Fasstankstellen entstanden. Von Raffinerien aus Wien wurden die mit Benzin gefüllten Fässer geliefert. Diese wurden meist bei Kfz- und Fahrradwerkstätten aufgestellt.
Schon in den 1930er-Jahren haben Greißler und Nahversorger Benzin neben ihrem Geschäft angeboten. Belegt werden Zeitzeugenberichte mit historischen Bildern aus Ortschaften. Wie etwa mit einem Foto aus Marz. Dort verkaufte Franz Gossy in Marz Benzin der Marke „Sphinx“. Drei Tankstellen hatte es einst in Sieggraben gegeben, erfährt der Leser weiter. „Alle drei fielen dem Bau der ‚Parallelstraße S31‘ zum Opfer“
Neue Epoche ab 1955
„1955 hat – parallel zum ‚Wirtschaftswunder‘ und zur Massenmotorisierung – eine neue Epoche in der Tankstellengeschichte des Burgenlandes begonnen.“ Europaweit agierende Mineralölkonzerne begannen, sich nach und nach auch in Pannonien niederzulassen.
„Eigentlich kann man sagen, dass die Bedeutung der Tankstellen heute wieder zu ihren Wurzeln zurückkehrt.“ Das bestätigt auch Tanja Stöckl, Obfrau der Fachgruppe Tankstellen in der Wirtschaftskammer. So wie zu Anfangszeiten seien auch die Tankstellen heute wieder Nahversorger und Kommunikationszentrum (siehe Zusatzbericht).
Der Beobachtungszeitraum für die Entwicklung der Tankstellen endet im Buch in den 1970er-Jahren. Für Pingitzer, der vor Kurzem den 70. Geburtstag gefeiert hat, ist mit dem Bücherschreiben noch lange nicht Schluss. Was er als Nächstes im Visier hat? „Es wird um die Geschichte der Mühlen gehen.“