Chronik/Burgenland

Arbeitsmarkt: Neubeginn abseits traditioneller Jobs

Mehr als 30 Jahre lang war Elke Konrath als Kindergartenpädagogin im Einsatz. Die Südburgenländerin liebte ihren Job, doch aus gesundheitlichen Gründen musste sie ihn aufgeben. Die 53-Jährige landete beim AMS – ab da ging es wieder bergauf.

Mit Unterstützung von Diana Geßele, die AMS-Klientinnen coacht, tat sich für Konrath eine zweite Chance auf. „Diana hat mir von der Möglichkeit einer handwerklich-technischen Ausbildung erzählt. Jetzt mache ich eine Ausbildung zur bautechnischen Zeichnerin“, schildert die Mutter erwachsener Kinder.

Für Technik habe sie sich immer interessiert. „Ich schließe meinen E-Herd oder meine Lampen auch selbst an, jetzt will ich meine Kenntnisse beruflich nutzen.“ Im Burgenländischen Schulungszentrum (BUZ) Neutal drückt Frau Konrath nun wieder die Schulbank. Die ersten Prüfungen hat sie bereits hinter sich. "Mama, wir sind stolz auf dich, haben meine Kinder gesagt", freut sich Elke Konrath auch über die Unterstützung ihrer Familie.

Gute Jobchancen

Die Chancen, nach der 18-monatigen Ausbildung des AMS-Programms „Frauen in Technik und Handwerk “ – kurz FiT genannt – einen erfüllenden und gut bezahlten Job zu ergattern, stehen jedenfalls nicht schlecht. Das belegt eine neue Studie, die Johannes Kopf, Vorstand des AMS Österreich, AMS-Burgenland-Vizechefin Karin Steiner sowie BUZ-Leiter Christian Vlasich am Montag in Neutal präsentierten (siehe Bild ganz oben).

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Traumjob für 82 Prozent

Demnach arbeiten 82 Prozent der Teilnehmerinnen des FiT-Programms nach der Ausbildung in den anvisierten Branchen. Das hat die Analyse der L&R Sozialforschung, die die Situation von Absolventinnen von 2015 bis 2020 evaluiert hat, ergeben.

Eine gute Ausbildung sei der Schlüssel zum Erfolg, betont Kopf. „Aber es geht auch darum, mit dem FiT-Programm die Segregation am Arbeitsmarkt zu lindern. Denn Frauen sind nach wie vor in einigen – in der Regel besser bezahlten – Bereichen der Arbeitswelt stark unterrepräsentiert.“ Diese traditionellen Rollenbilder gelte es zu durchbrechen.

Bis zu 36 Prozent mehr Bruttolohn

Im Burgenland haben 440 Frauen (von 2015 bis 2020) am FiT-Programm teilgenommen. Den langfristigen Arbeitsmarkterfolg sieht man beim AMS gegeben: Im zweiten Jahr nach der Ausbildungsteilnahme liegt die Beschäftigung bundesweit bei 65 Prozent. Auch auf finanzieller Ebene zahlt sich die Neuorientierung im handwerklich-technischen Bereich aus: Je nach Branche hatten Absolventinnen später zwischen 26 und 36 Prozent mehr Bruttolohn (siehe Infobox).

Im Burgenland nutzen – entgegen dem Österreich-Trend – eher ältere Teilnehmerinnen das FiT-Angebot. Gewählt werden kann bei dem Programm prinzipiell aus 200 möglichen Berufen, gefragt sind u. a. Ausbildungen in den Bereichen Mechatronik, technisches Zeichnen und IT.

In Österreich
Ende Juli waren 296.647 Personen österreichweit  beim AMS arbeitslos
oder in Schulung gemeldet, um 47.292 Personen weniger als im Juni.

Vor der FiT-Programmteilnahme waren laut Studie  37 Prozent der Frauen langzeitarbeitslos, 42 Prozent hatten maximal einen Pflichtschulabschluss.

2021 haben fast 9.500 Frauen das Programm absolviert oder daran teilgenommen.

Im Burgenland
Im Burgenland waren  im Juli 6.243 Personen auf Jobsuche, 1.603 waren in Schulungen. Die Arbeitslosigkeit sank  um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Im Burgenland haben zwischen 2015 und 2020 440 Frauen am FiT-Programm teilgenommen.

507 Euro
betrug bei  FiT-Absolventinnen 2017 im Schnitt das Plus beim Bruttoeinkommen im 2.Jahr nach der Ausbildung

 

Ausbildungsplätze

Im Burgenland haben im Vorjahr 58 Frauen eine FiT-Ausbildung abgeschlossen. Dieses Jahr sind 62 Ausbildungsstarts geplant, 29 Frauen haben bereits eine Ausbildung begonnen.

Maßgeschneiderte Ausbildung

Die FiT-Berufe werden individuell in Betrieben in der Region erlernt, die Ausbildung in Pannonien erfolgt "maßgeschneidert" auf die Teilnehmerinnen. Beliebte Berufe sind im Burgenland Betriebslogistikkauffrau, Zahntechnikerin, Medien- und E-Commerce-Kauffrau.

56 Millionen Euro hat das AMS im Vorjahr in Österreich für diese Qualifizierungsmaßnahme ausgegeben, im Burgenland waren es dieses Jahr bisher 1,65 Millionen Euro.

"Eine Jobgarantie"

Das BUZ als Ausbildungszentrum des AMS habe im Burgenland eine Reihe an Maßnahmen gesetzt, um mehr Frauen für technische Berufe zu begeistern, sagt BUZ-Geschäftsführer Christian Vlasich. "Leider herrschen bei der Berufswahl heute noch immer die gängigen Geschlechterklischees vor. Angesichts der fortschreitenden Technisierung und Digitalisierung der Berufswelt und des Arbeitskräftemangels quer durch alle Branchen ist es deshalb umso wichtiger, Frauen die große Vielfalt an Berufsmöglichkeiten aufzuzeigen."

Eine FacharbeiterInnen-Intensivausbildung sei, so Vlasich,  "aufgrund der derzeitigen Arbeitsmarktsituation eine Jobgarantie".

Trotz Schwierigkeiten, wie etwa der Kinderbetreuung oder fehlender Mobilität, sei es möglich, die Langzeitausbildung von rund 1,5 Jahren mit Unterstützung des BUZ zu schaffen, das hätten bereits etliche Kursteilnehmerinnen bewiesen, betont Vlasich.

Schnupperwoche

Zwischen 12. und 16. September gibt es übrigens unter dem Motto "#techgirls" in allen Bezirken des Landes Gelegenheit für Schnuppertage in den Bereichen Handwerk und Technik.

Auch Marianne Karmaszin macht im BUZ eine Ausbildung. Die Holzbauingenieurin hat als Tischlerin gearbeitet, jetzt hat die Wahlburgenländerin einen Kurs im Metallbereich, im CNC-Fräsen, begonnen. „Ich denke, dass sich nachher noch bessere Jobmöglichkeiten ergeben werden“, zeigt sich die 45-Jährige optimistisch.

Infos und Details finden Sie auch unter:

www.ams.at/arbeitsuchende/karenz-und-wiedereinstieg/so-unterstuetzen-wir-ihren-wiedereinstieg/fit-frauen-in-handwerk-und-technik

www.ams.at/techgirls-bgld