Angebliches Flüchtlingslager in Ungarn befeuert Landtagswahlkampf im Burgenland
Von Thomas Orovits
Entsteht im ungarischen Vitnyéd ein Flüchtlingslager oder ein Ferienlager? Seit zwei Wochen beschäftigt diese Frage auch die Politik im Burgenland.
Damals hatten ungarische Medien berichtet, Ungarn habe 15 Kilometer von der Grenze zum Seewinkel und Deutschkreutz entfernt ein ehemaliges Schulgelände mit einem drei Meter hohen Drahtzaun gesichert.
Die ungarische Regierung beteuerte, die Anlage solle bloß als Feriencamp für Jugendliche genutzt werden. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) forderte Kanzler Karl Nehammer und Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) auf, aktiv zu werden und protestierte selbst brieflich in Budapest.
Volkspartei und FPÖ im Burgenland warfen Doskozil "Panikmache" vor.
Am Dienstag ging SPÖ-Klubobmann Roland Fürst in die Gegenoffensive. Anlass war neuerlich ein ungarischer Medienbericht.
Die Wochenzeitung „Magyar Hang“ berichtete über ein Dokument aus dem Innenministerium, wonach 4,7 Milliarden Forint (11,71 Mio. Euro) für den Bau des Lagers mit einer Kapazität von 500 Plätzen vorgesehen waren. Ungarn wollte damit auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) reagieren.
Der EuGH hatte Ungarn wegen der Nichteinhaltung der EU-Asylvorschriften zu massiven Strafzahlungen verurteilt, deren Bezahlung die ungarische Regierung bis heute verweigert.
Für Fürst sind die jüngsten Entwicklungen Beleg dafür, dass die SPÖ zu Recht gewarnt hat. Außerdem fordert er von der FPÖ Aufklärung darüber, warum sie den Antwortbrief der ungarischen Regierung an Doskozil "zeitgleich auf ihrer Homepage posten konnte"? Bei Doskozil solle sich die FPÖ zudem entschuldigen.
In Sachen Flüchtlingslager müsse auch die ungarische Regierung klar Stellung beziehen.
„Wäre tatsächlich ein Asylheim geplant gewesen, hätte die FPÖ das verhindert. Im Gegensatz zu Doskozil können wir nämlich telefonieren“, reagierte FPÖ-Landesparteisekretär Daniel Jägerbauer auf Fürst.
Er sprach von einer "schamlosen Inszenierung" der SPÖ, die sich auf "ein unbestätigtes Dokument einer ungarischen Zeitung" stütze.
Doskozil hatte schon vor zwei Wochen angekündigt, er wolle die Schließung von Grenzübergängen vorbereiten, sollte in Vitnyéd tatsächlich ein Flüchtlingslager errichtet werden. Die Befürchtung: Die Migranten könnten von dort aus weiter nach Österreich geschickt werden.
Wie all das damit zusammenpasst, dass österreichische und ungarischen Polizisten in Grenznähe gegen Schlepper und illegale Grenzgänger im Einsatz sind?
Die Operation Fox läuft zumindest noch bis ins kommende Jahr, aktuell stehen bis zu 60 Exekutivbedienstete aus Österreich an der Seite ihrer ungarischen Kollegen.
Aus Polizeikreisen heißt es, die Zusammenarbeit funktioniere nach wie vor klaglos, was in Vitnyéd geplant sei, wisse man aber nicht.
"Flüchtlingslager" haben schon des öfteren in burgenländische Landtagswahlkämpfe hineingespielt. Vor dem Urnengang 2010 machte sich die damalige ÖVP-Innenministerin Maria Fekter für ein Asylzentrum im südburgenländischen Eberau stark.
Unfreiwillige Wahlhilfe für die SPÖ leistete wenige Tage vor der Wahl 2020 auch der damalige ÖVP-Innenminister Karl Nehammer mit seiner Ankündigung, Asylverfahren sollten künftig in Grenznähe abgewickelt werden. Die SPÖ malte das Gespenst eines Asylzentrums in Nickelsdorf an die Wand.