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Szenografie: Das Spiel mit der Illusion

Maschinenlärm, klirrende Flaschen und der Geruch von Bier – auf den ersten Blick wirkt die Produktionsanlage der Stiftsbrauerei Schlägl in Oberösterreich nicht ungewöhnlich. Wäre da nicht ein kleiner Raum, der ähnlich der Kabine eines Flugsimulators über der Abfüllanlage schwebt. Wer ihn betritt, steht plötzlich in einem riesigen Hopfenfeld, das sich kurz darauf in tanzende Muster und farbenprächtige Formen verwandelt. Kronkorken schweben durch eine Geräuschkulisse, die den Besucher einmal in einen gut besuchten Biergarten, einmal in die Stille eines Klosters führt.

Zahlreiche Spiegel ermöglichen das Erleben dieser virtuellen Welt. Sie lassen den Raum wie einen unendlichen Zylinder wirken. Dutzende Male hat Peter Hans Felzmann die Projektion im "Brau Pavillon" bereits gesehen, dennoch wirkt der Multimedia-Künstler genauso vertieft wie Besucher, die zum ersten Mal in die Braukunst eintauchen.

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Als Szenograf, eine Mischung aus Dramaturg, Regisseur und kreativem Projektmanager, inszeniert der Linzer Räume – meist für Ausstellungen und Kunstprojekte. Mit Lichtinstallationen, Spiegeln, unsichtbaren Projektionen, Ton und Gerüchen lässt er sie Geschichte erzählen. "Heute kann sich jeder die Welt über Fernsehen und Internet in sein Wohnzimmer holen. Um die Menschen ins Museum zu locken, muss man sich besonders anstrengen und auf kleinstem Raum verblüffen", sagt der 64-Jährige. Von klassischen Vitrinen hält er nichts. Er lässt Exponate lieber hinter Spionspiegeln verschwinden und im passenden Moment sichtbar werden.

Unendlicher Raum

Begrenzungen verlieren in seinem "Raum der Unendlichkeit" in der Lebzelterei Kastner in Aigen völlig an Bedeutung. Rund 100 Quadratmeter Spiegelfläche an den Wänden, beleuchtete Bodenplatten, der Geruch von Lebkuchen und die Geräusche des ländlichen Mühlviertels von bellenden Hunden bis hin zu gackernden Hühnern lassen vergessen, dass man sich in einem Schauraum befindet. Über das Spiel mit der Illusion will Felzmann Ausstellungen mit allen Sinnen erlebbar machen. "Das Schönste an meiner Arbeit ist das Einlesen ins Thema", meint der mehrfach ausgezeichnete Oberösterreicher, dessen erstes multimediales Projekt eine übergroße dreidimensionale, verspiegelte Kugel im Museum Stift Admonts ist. Rund einen Monat vertieft er sich gemeinsam mit einem Historiker in die Geschichte, bevor er das Projekt plant und mit Dreharbeiten für die Projektionen beginnt. Am wichtigsten ist ihm dabei, dass das Ergebnis authentisch ist. Akribische Recherche und eine detailverliebte Umsetzung lassen etwa historische Persönlichkeiten mithilfe von Projektionen durch Ausstellungsräume spazieren oder Besucher die virtuellen Seiten in einem drei mal vier Meter großen Buch umblättern wie im Universitätsmuseum Graz. In der Oberösterreichischen Landesbibliothek in Linz tanzen Buchstaben über antike Bücherregale. Die Entwicklung der Schrift erleben Besucher – überwiegend sind es Schulklassen – multimedial vom Klopfen der Keilschrift über das quietschende Geräusch von Schiefer auf Tafel bis zum Tippen am PC. Auch die Gebäudefassade setzte Felzmann mit bunten Lichtspielen verschiedener Buchstabenkombinationen in Szene.

Nachjustierungen der Inszenierungen finden von seinem Linzer Studio aus statt. So können etwa Lautstärke und Abspielgeschwindigkeit online geändert werden. Immer wieder kontrollieren Felzmann und seine Mitarbeiter aber auch vor Ort, ob die Multimedia-Anlagen einwandfrei funktionieren – für die perfekte Illusion braucht es schließlich auch eine perfekte Technik.

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