Museumsreifes Design
Von Claudia Elmer
Einem der heute architektonisch bedeutendsten Gebäudekomplexe eines Unternehmens ging eine Katastrophe voraus: Ein Großbrand, ausgelöst durch einen Blitzschlag, vernichtete 1981 das Fabriksgelände des Möbelherstellers Vitra. Rolf Fehlbaum, der die von seinen Eltern gegründete Firma kurz zuvor übernommen hatte, verlor über Nacht den Großteil seiner Produktionshallen.
Fortan wuchs das Ensemble: Ende der 80er-Jahre stellteFrank Ghery ein Gebäude für die Möbelsammlung fertig, aus dem das heutige Vitra Design Museum hervorging. Zaha Hadid errichtete 1993 eine Feuerwache, Álvaro Siza eine weitere Fabrikshalle im roten Klinkerkleid. Später holte man den in den 50er-Jahren entwickelten Dome von Richard Buckminster Fuller sowie ein modulares Fertigbau-Tankstellenhäuschen des französischen Konstrukteurs Jean Prouvé ins Dreiländereck nach Weil am Rhein. Jasper Morrison steuerte um die Jahrtausendwende zwei Bushaltestellen bei.
Auch Giorgio Armani fand in der lombardischen Metropole ein Zuhause für sein Lebenswerk. Der 80-jährige Modemacher gönnte sich zum 40-jährigen Firmenjubiläum ein eigenes Museum und investierte 50 Millionen Euro in die Restaurierung eines ehemaligen Industriegebäudes – und blieb seiner ästhetische Philosophie der Reduktion treu: Armani adaptierte das Gebäude selbst, bewahrte dessen ursprüngliche Form und fügte als einziges dekoratives Element ein schlichtes Fensterband ein. In Anlehnung an seine frühere Funktion als Getreidespeicher nannte er sein Museum, in dem Kleider, Zeichnungen und Fotos aus dem Privatbesitz des Designers zu sehen sind, Armani/Silos.
Der Möbelhersteller Kartell betreibt auf dem Gelände seines Firmensitzes bei Mailand ebenfalls ein Museum. Seit der Eröffnung im Jahr 2000 verfügt das Gebäude über drei Etagen, die auf ein großes Atrium blicken. Zu seinem 15-jährigen Bestehen wurden die Räume neu gestaltet, um die ganze Geschichte des Unternehmens von 1949 bis 2015 erzählen zu können. In einer Dauerausstellung werden die wichtigsten Produkte gezeigt und im Entrée ist Platz für temporäre Ausstellungen, Installationen, Sonderprojekte und kulturelle Initiativen.
Ein Denkmal setzt sich übrigens auch Louis Vouitton in Paris: Fast 14 Jahre dauerte es, bis die 11.000 Quadratmeter große, über 100 Millionen Euro teure Louis Vuitton Fondation von Frank Gehry fertiggestellt wurde. Sie wird die Kunstsammlung des französischen Milliardärs Bernard Arnault, Bauherr und Chef des französischen Luxusartikelkonzerns Moët Hennessy Louis Vuitton (LVMH), beherbergen. Gehry beschreibt die ausladende Struktur, die er aus 3500 Glasplatten zusammengesetzt hat, als "Glaswolke" – doch wie bei anderen seiner Gebilde besteht hier Interpretationsspielraum. Offenkundig ist: Wie schon in Bilbao (Guggenheim Museum) oder in Weil am Rhein (Vitra Campus) lässt er den Formen auch in Paris freien Lauf. Mit seinem Bauwerk setzt er einen unübersehbaren Akzent in der Landschaft und trägt zur Imagepflege der Marke bei.