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Designer Thomas Feichtner: "Kreativität ist Kernelement"

KURIER: Herr Feichtner, Sie sind seit fünf Monaten Institutsleiter des Studiengangs „Industrial Design“. Wie war Ihr erstes Semester?

Thomas Feichtner: Es war sehr spannend. Zu Beginn habe ich eine beobachtende Rolle eingenommen und mich in alle Vorlesungen gesetzt. Ich war sehr positiv überrascht von der hohen Qualität der Lehre. Besonders die Vermittlung von handwerklichen und gestalterischen Fähigkeiten sind etabliert. Einzigartig ist, dass alle Studierenden gemeinsam in einem Atelier arbeiten. Das fördert das voneinander Lernen. Das habe ich bisher noch nie an einer Hochschule so intensiv wahrgenommen.

Was haben Sie an der Ausrichtung des Studiengangs bereits verändert und was wird noch folgen?

Ich möchte den Studiengang als souveräne Industriedesign-Ausbildung etablieren. Mutig, visionär und technisch forschend, unter den besonderen Möglichkeiten der Hochschule und dem Design-Spirit der Stadt Graz als UNESCO City of Design. Ohne Einschränkung, aber auch mit dem historisch gewachsenem Forschungsschwerpunkt Mobility Design.

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Wie viel Talent müssen Studenten mitbringen und wie viel können sie sich erarbeiten, um gute Designer zu werden?

Es ist wichtig, dass alle Studierenden ihre eigenständige gestalterische Position und Identität finden und dazu Raum und Zeit haben. Wir wissen, die größte Veränderung, die uns erwartet, ist, dass sich alles verändern wird. Die digitale Transformation wird unsere Arbeitswelt auf den Kopf stellen. Kreatives Denken ist das wichtigste Rüstzeug für die Zukunft.

Viele Designer sind der Meinung, dass Materialien in einer stark digitalisierten Welt immer wichtiger werden. Wie sehen Sie das?

Produkte müssen in ihrer ganzen Komplexität verstanden werden. Wo, wie und von wem wird ein Produkt produziert und transportiert. Aus welchen Materialien besteht es. Was passiert mit dem Produkt, wenn es nicht mehr gebraucht wird und wovon wird es abgelöst. Jedes Produkt befindet sich in einem Organismus und darf nicht isoliert verstanden werden.

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Die Studenten müssen sich also während dem Designprozess damit auseinandersetzen, dass ihr Objekt irgendwann verschwinden wird?

Es geht darum, Alternativen zu finden. Produkte und Prozesse zu hinterfragen und besser zu machen, in komplexen Zusammenhängen zu denken, kritisch zu reflektieren und interagieren zu können. Dabei steht die Relevanz der Arbeiten, die wir im Studiengang erforschen und entwickeln immer im Vordergrund.

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Sie haben vor vielen Jahren Skibindungen entworfen. Wie haben Sie dieses schwierige Produkt optisch einzigartig gestaltet?

Eine Skibindung ist komplex. Fährt jemand die Skipiste mit 100 km/h hinunter, muss die Bindung halten. Kippt aber ein Anfänger am Lift um, muss sie sich öffnen. Es ist also eine komplizierte Kinematik, bei der es um Erfahrungswerte und empirische Forschung geht. Im Vordergrund stand der Sicherheitsaspekt, nicht das Styling.

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Bei einer Skibindung funktioniert das, aber eine funktionale und gleichzeitig hässliche Couch wird niemand kaufen.

Das stimmt. Design hat viele Funktionen, auch eine ästhetische. Dennoch glaube ich, dass Design nicht als Marketingtool missverstanden werden darf. Design ist identitätsstiftend und auch unter kulturellen, sozialen und ökologischen Aspekten zu verstehen.

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Ihr Lebenslauf liest sich wie eine Bilderbuchkarriere. Haben Sie auch Rückschläge erlebt?

Ja, aber ich hoffe, dass ich daraus gelernt habe. Design ist für mich eine Lebenseinstellung geworden. Eine Haltung, wie wir mit den Dingen, die uns umgeben, umgehen. Design kann überraschend, geistreich und raffiniert sein aber auch anstiften. Wie die Freude an einer Idee, die wie ein Funke überspringt.

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