Campus Akademie: Neues Leben für die alte Wiener Universität
Von Ute Brühl
Wer in der frisch renovierten Bibliothek der Akademie der Wissenschaften steht, der kann sich kaum vorstellen, dass dieser prachtvolle Raum vor ein paar Monaten noch eine Rumpelkammer war. Mehr noch: Bis in die Achtzigerjahre spielten hier Polizisten Tischtennis und hinterließen dabei ihre Spuren.
Heute stehen in der alten Bibliothek wieder Bücher, die allerdings in modernen Regalen aufgereiht werden – die originalen Barockmöbel sind verschwunden. Schade. Immerhin ist das riesige Deckenfresko erhalten geblieben, das nach einer professionellen Reinigung wieder im alten Glanz erstrahlt.
Das Schönste: Diese Bibliothek steht allen offen – den Wienerinnen und Wienern ebenso wie den Touristen. So sie diesen Raum finden. Die Gegend rund um die Bäckerstraße gehört nämlich zu den eher ruhigeren des ersten Bezirks, sodass niemand hier zufällig vorbeikommt. Doch das soll sich bald ändern. Anton Zeilinger, der scheidende Präsident der Akademie der Wissenschaften (ÖAW), hofft, dass der Campus ein lebendiger Ort wird. Mehr noch: Die Renovierung der Akademie, die passend zum 175. Jubiläum der Forschungseinrichtung fertiggestellt wurde, soll auch dazu dienen, dass Wissenschaft und Bevölkerung mehr Kontakt zueinanderfinden. Etwa mittels der Ausstellung „7 Erdteile – 7 Weltmeere“, die noch bis 2. Juni jeweils von 10 bis 17 Uhr in der Bibliothek zu sehen ist.
Laut Wissenschaftsminister Martin Polaschek ist dieser Kontakt zur Wissenschaft gerade in Zeiten zunehmender Wissenschaftsfeindlichkeit wichtig.
Verbinden
Veranstaltungen, die junge Menschen und Forschende zusammenbringen wird es hier ebenso geben, wie die Kinderuni, die nicht nur im Sommer stattfinden soll, meint Anton Zeiliger. Manchmal kann man einen der 1200 Forscherinnen und Forscher, die hier arbeiten, in den Arkaden begegnen, denen die Restaurateure wieder neues Leben eingehaucht haben.
Sanierung
Im Schatten der alten Kastanie lässt es sich hier wunderbar von der Hektik der Stadt abschalten. Geschichtsbewusste genießen dabei, dass sie sich auf historischem Gelände befinden, hatte hier doch seit dem 14. Jahrhundert die Universität Wien ihr erstes Zuhause. Insgesamt 34,5 Millionen Euro hat die Sanierung gekostet, mit deren Ergebnis nicht alle zufrieden sind. Der Betriebsrat des ÖAW kritisiert, dass sich durch die Umbauarbeiten die Situation für die Wissenschafterinnen und Wissenschafter sogar verschlechtert habe – zu eng, zu wenig natürliches Licht, so der Vorwurf. Dass die Hälfte der von Otto Wagner geplanten Postsparkasse zukünftig auch Räume der ÖAW beherbergen wird, hilft da wohl wenig.
Lange Nacht
Wer sich selbst ein Bild vom neuen „Campus Akademie“ machen möchte, der hat zum Beispiel während der langen Nacht der Forschung am 20. Mai von 17 bis 23 Uhr Gelegenheit dazu.
Unterschiedliche Vorträge, 40 Mitmachstationen und eine Spence Show mit Martin Moder werden in dem Grätzel angeboten.