Wie viel Wasser der Mensch wirklich braucht
In einer Untersuchung mit Beteiligung aus Österreich zeigt ein Team um den US-Forscher Herman Pontzer wovon der Wasserbedarf von Personen weltweit abhängig ist. Im Rahmen der im Fachmagazin Science erschienenen Arbeit wurde u.a. klar, dass Menschen in wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern mehr Wasser pro Tag im Körper umsetzen als Personen aus reicheren Staaten. Die Forscher warten auch mit einer Gleichung auf, mit der der individuelle Bedarf berechnet werden kann.
Eine Grundlage für die Forschung bildete die "Doubly Labelled Water (DLW)"-Datenbank der in Wien ansässigen Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA). An der Studie waren auch IAEA-Wissenschafter beteiligt. Die Daten umfassten Angaben zum Stoffwechsel von 5.604 Menschen aus 26 Ländern im Alter zwischen acht Tagen und 96 Jahren.
Doppelt markiertes Wasser enthält Wasserstoff- und Sauerstoff-Isotope. Versuchspersonen trinken die ungefährliche Probe und über Messungen des Urins lässt sich die Stoffwechselrate bestimmen, da die beiden Isotope unterschiedlich ausgeschieden werden. Herauslesen lässt sich so auch, wie hoch der Wasserumsatz ist.
Sehr unterschiedliche Mengen konsumiert
Obwohl die Wasserversorgung ein großes Thema ist und rund 2,2, Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser haben, sei noch nicht hinlänglich gut untersucht, wie viel Wasser Menschen tatsächlich täglich benötigen, schreiben die Wissenschafter in der Arbeit. Frühere Untersuchungen stützten sich vor allem auf ungenaue Befragungen zu den Einschätzungen zum Wasserkonsum mit all den Problemen, die selbstberichtete Daten mit sich bringen.
Aufgrund der Vielzahl an Versuchspersonen weltweit ließen sich umfassende Vergleiche hinsichtlich Alter, Lebensstil, den Umweltbedingungen in verschiedenen Regionen, wie Luftfeuchtigkeit oder durchschnittliche Temperaturen, der Körpergröße oder dem Geschlecht der Teilnehmer anstellen. Die Forscher fanden heraus, dass erwachsene Menschen sehr unterschiedliche Mengen konsumieren. Die ermittelten Werte lagen zwischen rund 1,5 bis zu sechs Liter Wasser täglich und darüber. Besonders hohe Umsätze legen demnach etwa Athleten, Vertreter von Jäger-Sammler-Völkern oder Menschen an den Tag, die hart in der Landwirtschaft arbeiten.
Dass Männer im Schnitt mehr Wasser umsetzen ist vor allem in ihrer im Durchschnitt größeren Körpermasse begründet. Frauen zwischen 20 und 55 Jahren und Männer zwischen 20 und 30 Jahren hatten im Schnitt die höchsten Umsätze. Menschen, die in Gegenden mit extremen Wetterbedingungen leben - also näher am Äquator oder an den Polen -, hatten insgesamt höhere Wasserumsätze als Menschen in mittleren Breiten. Klar zeigte sich auch der Zusammenhang zwischen höheren Temperaturen und erhöhtem Wasserbedarf. Der weltweite Temperaturanstieg bringe damit letztlich im Schnitt auch einen steigenden Wasserbedarf mit sich.
In reiche Ländern kaum Temperaturextremen ausgesetzt
Dass Menschen in Industrieländern durchschnittlich weniger Wasserbedarf zu haben scheinen als Menschen in Entwicklungsländern, führen die Studienautoren darauf zurück, dass man in reicheren Ländern durch Heizungen und Klimaanlagen kaum noch großen Temperaturextremen ausgesetzt ist. Die Unterschiede illustrieren die Forscher auch mit einer aus der Studie abgeleiteten Formel: Demnach hat ein 20-jähriger Mann mit 70 Kilogramm Körpergewicht, der in einem industrialisierten Land auf Seehöhe bei Durchschnittstemperaturen um die zehn Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 50 Prozent lebt und nicht exzessiv Sport betreibt eine täglichen Bedarf von 3,2 Litern. Ein ebenso alter und schwerer Athlet, der in einem Entwicklungsland auf 2.000 Metern Seehöhe bei im Schnitt 30 Grad und 90 Prozent Luftfeuchte lebt, kommt hingegen auf 7,3 Liter Wasserbedarf.