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Weltgesundheitsorganisation warnt vor exotischen Krankheiten

Stechmücken, Sandmücken, Zecken: Die Stiche und Bisse dieser kleinen Lebewesen passieren oft unbemerkt – könnten aber auch in Europa immer öfter unangenehme Folgen haben: "Es gibt eindeutige Warnsignale, dass durch solche kleine Lebewesen übertragene Krankheiten sich in den kommenden Jahren verstärkt ausbreiten werden", sagt Zsuzsanna Jakab, Regionaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Europa anlässlich des Weltgesundheitstages am Montag (7.4.). "Dieser Trend ist durch den weltweiten Reise- und Handelsverkehr, aber auch durch die zunehmende Verstädterung in Europa und die sich verändernden Wetterbedingungen bedingt."

Und die WHO warnt: "In Europa besteht nun die Gefahr eines Ausbruchs von Dengue-Fieber." Es führt zu grippeartigen Beschwerden mit Muskel- und Gelenkschmerzen. In seltenen Fällen treten Blutungen auf, die tödlich enden können.

2012 kam es auf der portugiesischen Insel Madeira zu einem ersten Ausbruch von Dengue-Fieber mit mehr als 2000 Fällen. Davor gab es bereits lokale Infektionen in Frankreich und Kroatien. In Griechenland wiederum sind Malaria-Fälle aufgetreten.

Gegensteuern

"Kommt ein erkrankter Reisender nach Österreich, infizieren sich bei ihm Stechmücken und tragen diese den Erreger weiter, können auch in Österreich lokale Infektionen auftreten", sagt der Reise- und Tropenmediziner Univ.-Prof. Herwig Kollaritsch, MedUni Wien. "Die Voraussetzungen dafür sind bei uns gegeben." Wichtig sei, dass beim Auftreten erster Fälle durch eine gute Infektionsüberwachung rasch gegengesteuert und verhindert werde, dass Erkrankte durch Mückenkontakt den Erreger weitergeben: "Durch solche Maßnahmen ist es auch auf Madeira gelungen, den Ausbruch unter Kontrolle und zum Erlöschen zu bringen."

Die Ursachen für die Ausbreitung dieser Erkrankungen auf den Klimawandel zu reduzieren sei zu einfach, betont Kollaritsch: "Bereits vor 60 Jahren gab es lokal übertragene Dengue-Fälle in Europa – damals gab es noch keinen Klimawandel." Dass es jetzt nach so langer Zeit in Europa wieder zu hausgemachten Infektionen komme, hänge vor allem mit dem starken Reiseverkehr zusammen: "2013 gab es erstmals weltweit eine Milliarde internationaler Grenzübertritte."

Der massive Anstieg von Dengue in den tropischen und subtropischen Ursprungsländern sei maßgeblich durch die Ausbreitung der Städte verursacht: "Die Infrastruktur und die Lebensbedingungen sind oft sehr schlecht. Aber jede noch so kleine Pfütze ist eine Brutstätte für Mücken."

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Durch den Klimawandel könnten Insekten aus den Subtropen bald auch in Österreich Fuß fassen. Wiener Forscher haben nun für Schädlinge, die sich hierzulande teils schon ausbreiten, Modelle errechnet, die zeigen, wie hoch ihre Chancen sind den Winter bei plus sechs bis minus 15 Grad Celsius zu überstehen.
Einer der Gewinner des Klimawandels ist laut Andreas Kahrer, Insektenforscher von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), die Tomatenminiermotte. Der Schädling aus Südamerika lebte hierzulande bisher nur in Gewächshäusern. Die Baumwolleule, deren Raupen neben Baumwolle auch Mais, Gemüse, Geranien und Gerbera-Blumen befallen, hat es in Ostösterreich dagegen schon ins Freiland geschafft. Die dritte Schädlingsart, die Kahrer untersucht, der Khaprakäfer, stammt aus Indien und kommt bei uns noch nicht vor, sagte er.

Kälte überlebenIn Laborversuchen untersuchte Kahrer mit seinen Kollegen, wie lange Baumwolleulen, Tomatenminiermotten oder Khaprakäfer die Kälte überleben. Sie berechneten daraus eine Temperatur-Gewichtungskurve, aus der sich die Schädigung der Versuchstiere je Stunde und Temperatur ablesen lässt. „Damit kann man nun auch berechnen, wie die Insekten mit variablen niedrigen Temperaturen zurechtkommen“, erklärt Kahrer.

Durch das Modell denken die Forscher, dass sie die jeweiligen Überlebensraten grob abschätzen können. Bei der Baumwolleule etwa dürfte bei minus 19 Grad Celsius Schluss sein, einer Temperatur, die an ihrem Überwinterungsort im Boden normalerweise gar nicht vorkommt.
Mit der Methode soll in einem nächsten Schritt berechnen werden, wie gut Schädlinge bei verschiedenen prognostizierten Klimaszenarien in österreichischen Regionen überwintern könnten, kündigt der Insektenforscher an.