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HIV: Ein Appell an alle Menschen, sich testen zu lassen

KURIER: Die Zahl der Neudiagnosen ist in Österreich leicht gestiegen. Warum gibt keinen Rückgang?

Brigitte Schmied: Generell muss man zwischen Neudiagnostizierten und Neuinfizierten unterscheiden. Dabei gibt es eine zeitliche Verzögerung, denn viele Patienten, zirka 25 Prozent, werden erst zu einem sehr späten Zeitpunkt diagnostiziert. Jene, die jetzt diagnostiziert werden, haben sich vor vielen Jahren angesteckt – sogenannte "late presenters". Die Meisten kommen erst, nachdem sie schon viele Jahre infiziert sind und ein weit fortgeschrittenes Immunmangel-Syndrom haben.

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Was kann man tun, damit es zu früheren Diagnosen kommt?

Das Wichtigste ist, dass man ein "Testbewusstsein" schafft und jeder seinen Status kennt. Neuinfektion kann man verhindern, indem möglichst alle HIV-Infizierten wissen, dass sie infiziert sind. Da kann man nur appellieren, dass sich die Menschen testen lassen. Und jene, die es wissen, sollten in einer entsprechenden spezialisierten Stelle in Betreuung sein, damit sie eine wirksame Therapie haben und die Virus-Belastung maximal minimiert und damit auch die Infektiosität minimiert ist.

Werden vor allem bestimmte Personengruppen spät diagnostiziert?

Meist handelt es sich um Menschen, die sich nicht bewusst sind, dass sie ein Risiko eingehen. Oder aber sich das Risikoverhalten nicht eingestehen, verdrängen und aus Sorge vor einer etwaigen positiven Diagnose keinen Test machen lassen.

Apropos Angst. Wie lässt sich der Aids-Test entstigmatisieren?

Mit Information, Information, Information sowie Weiter- und Fortbildung – man darf nicht aufhören zu sagen, dass man keine Angst haben muss vor HIV-infizierten Menschen. Aus Erfahrung weiß ich, dass sich die Stigmatisierung gebessert hat. Im Einzelfall gibt es aber immer wieder massive Erlebnisse im Sinne einer Diskriminierung – auch in der Behandlung. Wenn etwa physikalische Therapien wie Massagen infrage gestellt oder nur mit Handschuhen eine Tasse Kaffee gereicht wird.

Medikamente sind heute verträglicher geworden, die Behandlung ist individueller. Was gilt es noch zu verbessern?

Wichtig ist, dass Medikamente nach wie vor bezahlt werden können. Geld ist immer ein Thema. Das Ziel ist natürlich ident mit dem von UNAIDS: "90, 90, 90" (90 Prozent aller, die das HI-Virus in sich tragen, sollen diagnostiziert werden. 90 Prozent davon sollen sich in Behandlung befinden und bei 90 Prozent davon soll die Virenlast unter 50 Einheiten/Milliliter liegen). Wir sind schon sehr nahe dran, dieses Ziel zu erreichen. Mit Erreichen dieses Ziels können Neuinfektionen verhindert werden. Langfristig gesehen besteht heutzutage die Chance, die Krankheit auszurotten. Das zu erreichen, erfordert ein großes Commitment und viel harte Arbeit von den betreuenden Personen und diversen Institutionen. Eine hohe Behandlungsqualität inkludiert auch Verständnis für die Patienten und deren individuelle Bedürfnisse sowie eine gute Zusammenarbeit mit den Patienten.

Große Hoffnung wird auch in einen Impfstoff gesetzt: Wie weit ist die Forschung davon entfernt?

Es gibt viele hoffnungsvolle Ansätze. Ich schließe nicht aus, dass einer davon eines Tages zum Durchbruch führt. Die meisten Patienten schlucken eine Tablette am Tag und sind nicht mehr infektiös. Das ist bereits ein großer Fortschritt.

Info: Welt-AIDS-Tag

Seit 1988 findet an jedem 1. Dezember der Welt-Aids-Tag statt. In den ersten Jahren wurde er von der Weltgesundheitsorganisation WHO ausgerufen, seit 1996 von UNAIDS, der Aids-Organisation der Vereinten Nationen. Jedes Jahr gibt es ein bestimmtes Motto, an dem sich die teilnehmenden Länder orientieren können. Rund um den Globus finden an diesem Tag Veranstaltungen statt, um Solidarität mit den Betroffenen zu symbolisieren und zu erinnern, dass die Pandemie weiterhin besteht. Die Rote Schleife (Red Ribbon), das weltweite Zeichen für die Solidarität mit Aids-Kranken und HIV-Infizierten, ziert an diesem Tag unzählige Gebäude. Die größte Schleife wurde 2013 um den Regensburger Dom ausgelegt und war 1,5 Kilometer lang.