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Süßes: Warum manche nicht aufhören können

Wie war das doch bei vielen in den vergangenen Tagen: Die Vanillekipferl und Zimtsterne waren einfach unwiderstehlich - aus einem wurden zwei, aus zwei irgendwann vier, aus vier - genug: Zwei Forschergruppen in Dänemark und den USA haben jetzt unabhängig voneinander gezeigt: Möglicherweise ist es ein Hormon aus der Leber, das unser Verlangen nach Zucker reguliert.

FGF21 heißt die Substanz (Fibroblast Growth Factor 21), die von der Leber zum Beispiel als Reaktion auf eine sehr kohlenhydratreiche Mahlzeit produziert wird. Über den Blutkreislauf kommt FGF21 ins Gehirn und sendet ein Signal aus, welches das Verlangen nach Zucker senken soll.

Erstes derartiges Hormon

"Es ist dies das erste Hormon das wir kennen, das speziell die Zuckeraufnahme reguliert", sagt Matthew Potthoff von der University of Iowa. Bisher kannte man nur Hormone, die ganz generell auf Appetit und Sättigung wirken, aber nicht ganz speziell einen Makronährstoff wie Kohlenhydrate, Eiweiße oder Fett regulieren. "Auch das Verlangen nach Alkohol wird durch dieses Hormon beeinflusst", ergänzt Steven Kliewer vom UT Southwestern Medical Center in Dallas, USA.

"Wir wissen schon seit längerem, dass FGF21 die Insulinempfindlichkeit des Körpers erhöhen kann", sagt Lucas BonDurant, einer der Studienautoren. "Möglicherweise könnte es auch Menschen helfen, denen das Gefühl dafür fehlt, dass sie bereits genug Zucker aufgenommen haben."

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Zwei Mäuseversuche

Der bisher nicht bekannten Funktion von FGF21 kamen BonDurant und seine Kollegen mit HIlfe von Mäusen auf die Spur. Zunächst verabreichten sie einigen Tieren eine Extradosis des Hormons und gaben ihnen die Wahl zwischen einem normalen und einem sehr zuckerhältigen Futter. Die Mäuse mit hohem FGF21-Spiegel aßen sieben Mal weniger Zucker wie in früheren Zeiten ohne Hormoninjektion.

Dann machten sie einen zweiten Versuch mit Mäusen, bei denen das Gen für die FGF21-Produktion entweder abgeschalten oder so hochgefahren war, dass ihre Leber 500 Mal mehr von der Substanz erzeugte wie normal.

Wiederum konnten diese Mäuse aus zuckerarmem und zuckerreichem Futter wählen. Und wieder ein ähnliches Ergebnis wie beim ersten Versuch:

Die Mäuse, die gar kein FGF21 erzeugten, aßen viel von der zuckerhältigen Nahrung - es fehlte ihnen der Dämpfmechanismus.

Und die mit dem hohen Hormonspiegel verzichteten weitgehend auf Zucker - offenbar eine Folge der hohen FGF21-Menge.

Forscher waren überrrascht

Von ihrer Entdeckung waren die Forscher selbst ziemlich überrascht: "Wir hätten nie gedacht, dass ein von der Leber produziertes Hormon die Funktion hat, unseren Appetit nach Süßem zu regulieren", so Matthew Gillum von der Universität Kopenhagen. Theoretisch könnten diese Erkenntnisse vor allem Diabetikern helfen, ihren Zuckerkonsum zu reduzieren. Doch von einer Anwendung von FGF21 am Menschen ist man noch weit entfernt, weitere Studien sind notwendig.

Denn der Konsum von Süßem hat ja auch positive Effekte - auf die Psyche: Eine Tafel Schoko in dunklen Winterstunden kann Wunder wirken. Deshalb wird jetzt untersucht, ob ein Unterdrücken dieses Verlangens möglicherweise nicht das Risiko für Depressionen erhöht.

Die Studie wurde im Fachmagazin Cell Metabolism veröffentlicht.