Studie: Kindergarten leidet massiv unter Personalmangel
Von Ute Brühl
Gewusst haben es viele, die im Kindergartenbereich arbeiten - jetzt ist es auch wissenschaftlich belegt: Der Kindergarten leidet massiv unter Personalmangel, wie eine Studie der Pädagogischen Hochschule (PH) Wien und des Netzwerks Elementare Bildung (NEBÖ) zeigt. Die Pandemie hat diesen Zustand nochmals massiv verschärft. Darauf verweist jetzt die Träger*inneninitiative Elementare Bildung Wien - ein Zusammenschluss privater Träger von Kindergärten.
Ein Prozent des BIP
Die Initiative fordert daher mehr finanzielle Mittel für die Elementarpädagogik: 1 Prozent des BIP - statt die derzeitigen 0,64 Prozent seien nötig, damit sowohl in den öffentlichen als auch den qualitativen privaten Trägern mit einheitlich hohen Qualitätsstandards gearbeitet werden kann.
Die Begründung liegt logisch: "Der Fachkraft-Kind-Schlüssel, der zentrale Faktor einer guten frühkindlichen Bildung, hat sich seit Jahrzehnten nicht verändert. In kleineren Gruppen und mit mehr Personal könnten Kinder ihrer individuellen Entwicklung entsprechend begleitet und unterstützt werden und in Krisenzeiten könnte der Betrieb besser und sicherer gestaltet werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nun auch aufgrund zusätzlicher Einschränkungen, Auflagen und Verordnungen müde oder unzufrieden. Fehlende Ressourcen, wenig Wertschätzung und unzureichende Arbeitsbedingungen werden seit Jahren für das Ausscheiden aus dem Berufsfeld genannt."
Dringend notwendig
Mehr fundiert ausgebildetes Personal ist laut der Initiative dringend notwendig. Zudem brauche es einen besseren Fachkraft-Kind-Schlüssel, kleinere Gruppen, ein österreichweit einheitliches Bundesrahmengesetz, mehr qualifiziertes Zusatzpersonal aus verschiedenen Fachbereichen (Sonderkindergartenpädagogik, Logopädie, Ergotherapie, Psychologie, Sozialarbeit etc.) sowie eine sofortige Ausbildungsoffensive. Schließlich bleibt nur jede vierte Person nach der Ausbildung auch im Beruf.
Ohne Test in den Kindergarten
Vom Personal sei in den vergangenen 1,5 Jahren enorm viel verlangt und erwartet worden. "Trotz Lockdowns waren die Kindergärten immer geöffnet – im Gegensatz zur Schule. Auch in den Sommerferien haben Kindergärten und Horte bis auf wenige Sommerschließtage geöffnet", merken die Vertreter der Initiative an.
Laufend kommen Familien aus dem Urlaub zurück, aber von einem Sicherheits- oder Präventionskonzept für Kindergärten und Horte höre man nichts. Kinder dürfen ohne vorherigen Test wieder den Kindergarten besuchen, es wird einfach der „Status“ der Eltern angenommen. Es sei ärgerlich und frustrierend, in den Medien über Planungen für das nächste Schulsemester zu lesen, während im Kindergarten von den Trägerorganisationen erwartet wird, dass sie geeignete Maßnahmen setzen. "Die zentrale Verankerung elementarpädagogischer Einrichtungen im Bund würde die Kommunikation und auch die Umsetzung von Maßnahmen für alle Beteiligten erleichtern", sind die Pädagogen überzeugt.
Lutschertest
In Wien werde das Personal weiterhin wöchentlich getestet, damit das Infektionsgeschehen erfasst wird. "Aber auch Kinder spielen im Infektionsgeschehen eine Rolle. Auf die Ausrollung der sogenannten Lutschertests warten wir seit vielen Monaten", sind sich Diakonie Bildung, KIWI-Kinder in Wien, Kinderfreunde und die St. Nikolausstiftung einig, die sich in der Initiative zusammengeschlossen haben.Dabei würde eine regelmäßige Testung der Kinder zusätzliche Sicherheit für alle bringen – für das Personal, die anderen Kinder und für die Familien.
Politik ist gefragt
Die politisch Verantwortlichen müsse die Bedeutung der ersten Lebensjahre und der prägenden frühkindlichen Bildung endlich ernst nehmen und sofort richtungsweisende Handlungen setzen, damit die Rahmenbedingungen im Kindergarten auch denen einer ersten Bildungseinrichtung entsprechen, so die Initiative in einer Aussendung. "Erschöpfte oder frustrierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können immer weniger die nötige Begleitung der jüngsten Kinder für eine förderliche und glückliche Bildungslaufbahn gewährleisten."