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Das gesunde Geschäft mit Allergikern

Das eigene Bettzeug im Kofferraum des Autos verstaut, im Gepäck Lebensmittel für eine ganze Woche: Dieses Szenario beschreibt keinen individuellen Campingtrip, sondern die Urlaubsvorbereitung vieler Allergiker.

Rund zwei Millionen Österreicher leiden in unterschiedlichen Formen an Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Tendenz steigend. Ein enorm großer Markt, wenn man noch 25 Millionen betroffene Deutsche dazurechnet. Kein Wunder, dass immer mehr Hotels auf eine allergikerfreundliche Ausstattung und laktose- oder glutenfreie Ernährung setzen.

Allergikerfreundliche Betriebe

Maßnahmen, die Allergikern helfen, finden sich bereits im Kriterienkatalog der Wirtschaftskammer-Fachgruppe Hotellerie. "Angebote wie allergikerfreundliche Bettwäsche oder Matratzenüberzüge können wir nicht vorschreiben. Aber wir merken, dass das den Unternehmen und den Gästen wichtiger wird", sagt Nina Pavicevic. Sie ist österreichweit für die Bewertung von Fünf-Sterne-Hotels zuständig. "Es fällt auf, dass viele Betriebe die Teppiche in den Zimmern entfernen lassen und durch Holzböden ersetzen."

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Harald Jossé, der die Plattform MeinAllergiePortal betreibt, fallen diese Veränderungen ebenso auf. "Die Gastronomie stellt sich zunehmend auf diese Gruppe ein. Hotels mit besonderen Angeboten sprechen uns mittlerweile aktiv an."

Erwartungen steigen

Zu diesem "Gästeservice" tragen auch die Gäste bei. "Sie erwarten sich vor allem in den gehobeneren Klassen ein entsprechendes Angebot." Beim Start 2014 registrierte die Seite 600.000 Nutzer, im Vorjahr waren es bereits 1,2 Millionen. Jossé kam aus eigener Betroffenheit zum Thema. Er leidet an einer Pollenallergie, seine Frau an Histaminunverträglichkeit. "Wir mussten viel herumsuchen, damit unser beider Bedürfnisse erfüllt werden konnten. Dazu gibt es viele Halbwahrheiten. Wir wollten alle Infos medizinisch fundiert aus einer Hand anbieten."

Europaweit vergibt die europäische Stiftung für Allergieforschung (ECARF) ein Qualitätssiegel für Hotels, Cafés und Restaurants. Die zertifizierten Zimmer sind etwa frei von Pflanzen, es werden allergikerfreundliche Staubsauger verwendet und die Frühstücksbuffets umfassen laktose- und glutenfreie Produkte.

Medizinisch gesehen sind spezielle Angebote zu begrüßen und vereinfachen Allergikern die Urlaubsplanung, betont Univ.-Prof. Beatrix Tichatschek vom Allergiezentrum Wien West. "Menschen mit einer Stauballergie leiden sehr, wenn es im Hotelzimmer Spannteppich und dicke Daunendecken gibt. Dann ist der Urlaub keine Erholung, sondern eine Belastung." Ähnlich ist die Situation bei Zöliakie: Wer kein Weizeneiweiß verträgt, braucht etwa spezielles Brot, damit keine Magenkrämpfe und Darmbeschwerden auftreten.

Alpinlage bevorzugt

Österreichs Alpinlage ist ein Mitgrund, warum besonders heimische Hotels immer öfter aufs Geschäft mit Allergikern setzen. "In den Bergen ist die Luft trockener. Hausstaubmilben kommen ab 1500 Metern kaum mehr vor. Sie mögen das nicht, weil sie ein warm-feuchtes Milieu bevorzugen. In den kurzfristigen Pollensaisonen kann man gut in Hochgebirgslagen ausweichen", erklärt Univ.-Prof. Stefan Wöhrl vom Floridsdorfer Allergiezentrum (FAZ) in Wien. Sonst helfe nur noch Auswandern nach Lappland. Das nördliche Land sei praktisch milbenfrei.

Übrigens: Der Pollenwarndienst prognostiziert den Beginn der diesjährigen Saison mit Ende April/Anfang Mai relativ früh. Wer unter Gräserpollen leidet, könnte jetzt noch eine Urlaubsreise in die Berge planen.

Immer mehr Artikel werben mit dem Slogan „Für Allergiker geeignet“, „antiallergen“, „hypoallergen“. Neuerdings werden sogar eigene Tierzüchtungen angeboten, bei denen jene Hauptbestandteile, die Allergien auslösen können, herausgezüchtet werden. „Diese sogenannten allergenarmen Haustiere können wir nicht empfehlen“, sagt Allergologin Beatrix Tichatschek. „Wenn ein Patient allergische Symptome auf Haustiere zeigt, können wir nur raten: Finger weg.“ Ähnlich kommentiert das Uwe Berger vom Pollenwarndienst der MedUni Wien: „Für Allergiker gilt: „Finger weg von Haustieren mit Haaren, egal, ob Hamster, Katze, Hund oder Pferd.“ Nur Amphibien oder Fische wären geeignet.

Doch welche Produkte sind aus Sicht des Allergieexperten überhaupt sinnvoll und eine Investition wert? „Für Allergiker ist es wichtig, eine möglichst allergenfreie Umgebung zu bekommen. Da man sehr viel Zeit in der Wohnung verbringt, sollte man hier für eine minimale Belastung sorgen. Spezielle Luftreinigungsgeräte wirken positiv auf Innenräume und mindern die Belastung“. Gute Geräte kosten zwischen 400 und 600 Euro und sind im Elektrofachhandel erhältlich. Berger empfiehlt außerdem die Anschaffung von Pollenschutzgitter für die Fenster – sie sind relativ günstig und werden geklebt.

Kleidung raus aus dem Schlafzimmer

Meist aber helfen simple Maßnahmen, die noch dazu gratis sind: „Wer merkt, dass seine Nase verstopft ist und nach Hause kommt, sollte sofort duschen und die getragene Kleidung auf keinen Fall im Schlafzimmer aufbewahren“. Wenn Menschen mit Pollenallergie mit dem Auto fahren, sollten sie auf die Ausfahrt mit dem Cabrio verzichten und die Fenster geschlossen halten. Zudem bieten heute schon fast alle Autohersteller spezielle Luftpollenfilter an, die die Allergenbelastung im Innenraum des Autos reduzieren. Auch antiallergene Bettwäsche sei sinnvoll, so Berger: „Wer an einer Hausstaubmilbenallergie leidet, sollte sich so eine Bettwäsche leisten. Deren spezielle Beschaffung verhindert, dass sich die Milben an der Oberfläche festkrallen können“. Es gibt Überzüge für Matratzen, Polster und Tuchent. Ein weiterer Gratis-Tipp bezieht sich auf Stofftiere: „Sie über Nacht bei Minus 20 bis Minus 25 Grad einzufrieren, hilft“.

Rechtzeitige Diagnose

Der zentrale Punkt bei einer Allergie ist und bleibt die rechtzeitige Diagnose und – in der Folge – Behandlung. „Bei Verdacht auf Allergie bringt es nichts, herumzuprobieren, weil die Beschwerden von Jahr zu Jahr zunehmen und es irgendwann einmal zur Entwicklung von Asthma kommt. Da helfen nur Immuntherapie und Allergenkarenz. Und wenn der Patient noch etwas anderes probieren möchte, kann er das tun, so lange er schulmedizinisch betreut wird.“