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Problem-Plastik in Zahnpasten

In Honig, Milch und Trinkwasser in Deutschland wurden sie bereits nachgewiesen: Mikroskopisch kleine Plastikkügelchen aus Polypropylen. Es bestehe der Verdacht, dass diese Kügelchen aus Pflegeprodukten wie Duschgels, Peelingcremes oder Zahnpasten stammen könnten, berichtete Ende 2013 das NDR-Verbrauchermagazin Markt. Dort sollen sie die mechanische Reinigung verbessern.

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Seither ist eine heftige Diskussion um Risiken für die Umwelt, aber auch für den Menschen entbrannt. Bei der großen KURIER-Publikumsdiskussion mit Bundeskanzler Werner Faymann kam ebenfalls die Frage: „Was unternimmt die Politik gegen die Belastung mit Mikroplastik?“

„Diese kleinen Partikel gehen großteils ungehindert durch die Kläranlagen und landen in den Gewässern“, sagt Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien. „Das Problematische daran: Sie werden von den aquatischen Kleinstlebewesen im Süßwasser und im Salzwasser aufgenommen, die in der Nahrungskette ganz unten stehen.“

Die Plastikkügelchen hätten in ihrer Masse „eine unglaublich große Oberfläche“. Es sei sehr plausibel, dass sich an dieser großen Oberfläche Schadstoffe – etwa auch hormonell wirksame Chemikalien – anlagern können.

Wenig Daten

„Hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen weiß man derzeit wenig“, heißt es bei der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit: „Negatives ist allerdings nicht bekannt.“

Weitere Untersuchungen, etwa im Rahmen von Forschungsprojekten, wären notwendig. Denn: „Sollten derartige Partikel, wenn auch geringfügig, aufgenommen werden, könnten sie noch einen weitere Effekt verursachen: Die Mitnahme von an ihnen haftenden Umweltverunreinigungen“, erläutert ein Experte. Eine Aufnahme in den Verdauungstrakt in geringem Ausmaß sei nicht auszuschließen. Die europäische Lebensmittelbehörde EFSA geht derzeit aber von keinen gesundheitlichen Risiken aus. Ebenso das Gesundheitsministerium: „Diese Plastikkügelchen gehen durch den Körper hindurch und werden ausgeschieden.“

Umweltmediziner Hutter sieht das anders: „Wenn Sie sich mit so einer Zahnpasta die Zähne putzen, wird das sicher keine Probleme verursachen. Aber es geht um die indirekten, langfristigen Gesundheitsrisiken durch die Anreicherung solcher Produkte in der Umwelt und der Nahrungskette: Und hier sehe ich ein Risiko am Horizont auftauchen, das derzeit nicht quantifizierbar ist.“

Überraschungen

„Denn in der Vergangenheit zeigte sich immer wieder: Wenn man neue Substanzen in die Nahrungskette einbringt, kann es völlig unerwartete Überraschungen geben. Viele meiner Kollegen und auch ich appellieren deshalb an die Hersteller, den Einsatz von Mikroplastik in Kosmetikprodukten zu überdenken.“ Mehrere Firmen haben das bereits angekündigt. Sie argumentieren aber auch, dass der aus Kosmetikprodukten stammende Anteil an Mikroplastik – im Vergleich zur Menge anderer Plastikabfälle im Meer – sehr gering ist.

„Das ist für mich kein Argument“, entgegnet Hutter. „Natürlich muss die enorme Verschmutzung der Meere mit Kunststoffabfällen auf allen Ebenen reduziert werden. Aber da zählt die Belastung durch Kunststoffe in Körperpflegeprodukten eben auch dazu.“ Hutter rät Konsumenten beim Kauf von Kosmetika darauf zu achten, ob als Inhaltsstoff auch „Polyethylen“ angegeben ist: „Wenn ja, dann würde ich das Produkt nicht kaufen.“