Noch eine Frage, Herr Bundeskanzler!
In den KURIER Gesprächen stellen sich monatlich namhafte Personen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft den Fragen der Leser und Leserinnen. Den Anfang machte Bundeskanzler Werner Faymann, der sich am Dienstagabend unter der Moderation von KURIER-Chefredakteur Helmut Brandstätter den kritischen Fragen der zahlreich erschienenen KURIER-Lesern stellte.
Die Fragen an den österreichischen Regierungschef waren breit gefächert, das Interesse reichte von der versprochenen Steuerreform über die EU-Wahlen bis zur Neutralität. Ein kurzer Rückblick auf einen spannenden Abend, an dem Kanzler Faymann leidenschaftlich seine Sicht der Dinge verriet.
Werner Faymann:In Österreich hat der Staat eine Fülle von Aufgaben übernommen, die in anderen Staaten von den Familien privat bezahlt werden müssen, etwa Kindergarten oder Spitalsaufenthalte. Was die Politik aber seit der Wirtschaftskrise 2008 nicht geschafft hat, ist ausreichend Wachstum zu schaffen, um diese Aufgaben auch bezahlen zu können. Wenn wir nicht wieder ein ordentliches Wachstum bekommen, sind diese Aufgaben auf Dauer auch nicht in diesem Ausmaß finanzierbar.
Ich will ja die Steuerkurve abflachen, um niedrige Einkommen zu entlasten. Aber dieses Geld muss auch der Staat erst einmal verdienen. Ich will das in dieser Legislaturperiode durchzuziehen. Ich wäre auch etwa im Bereich der Erbschaftssteuer für zusätzliche Einnahmen, wie das in Deutschland oder der Schweiz gemacht wird, damit die Kluft zwischen Reich und Arm gering bleibt.
Nun sollen wegen der Hypo Kärnten in einer Bad Bank toxische Produkte ausgelagert werden. An dieser sollen sich auch die Banken beteiligen. Bleibt dennoch der Anteil, den die Banken schon jetzt über die Bankenabgabe ins Budget einzahlen, gleich – und fehlt das im Budget?
Man kann entweder einen Teil der Bankenabgabe direkt verwenden oder die Banken zahlen das direkt ein, der Teil bleibt jedenfalls gleich. Nur ganz generell: Bei der Hypo Kärnten wurden gemeinsam mit der damaligen FPÖ-Regierung Haftungen in Höhe von 20 Milliarden Euro übernommen, unverantwortlicher geht es gar nicht. Und wir haben als Regierung gesagt: Bevor einfach nur der Steuerzahler dafür gerade stehen muss, suchen wir nach Konstruktionen, um den Schaden so weit wie möglich zu minimieren, etwa über eine Bad Bank.
Das ist eine der wichtigsten Herausforderungen für Europa, die wir bewältigen müssen. Wir müssen gemeinsam faire, lebenswerte Bedingungen schaffen.
Welchen Einfluss und welchen Stellenwert hat für Sie das EU-Parlament?
Es hat in meiner Vorstellung einen geringeren Stellenwert, als es in zehn oder fünfzehn Jahren haben wird. Das EU-Parlament hat aber jetzt schon einen hohen politischen Stellenwert, von der Betrugsbekämpfung bis zu Umweltstandards, von der Finanzmarktaufsicht bis zu sozialen Kriterien. Das wird vom EU-Parlament vorangetrieben, und deshalb hat es eine große politische Kraft, und die wird weiter wachsen. Die EU-Wahl entscheidet, wie und in welche Richtung sich Europa weiter entwickelt. Wenn dort die gewinnen, die nur auf Nationalismen setzen, auf Ablehnung des europäischen Gedankens, dann gewinnen die falschen.
Es gibt so viele Länder, die auf Kosten der Menschenrechte unter verheerenden Bedingungen produzieren, und so viele Gauner, die das dann mit hohen Gewinnspannen verkaufen. Wenn es uns in Europa gelingt, mit der EU eine Kontrolle zu schaffen, dass Schwarzmärkte in der EU zurückgedrängt werden, wenn verhindert werden kann, dass einige Regionen in Europa für junge Menschen nur mehr illegale Arbeitsplätze anbieten können, dann ist das ein erster guter Schritt.
Förderungen kosten den Staat jährlich 80 Milliarden Euro. Warum kürzt man hier nicht um nur zehn Prozent, damit man genug Spielraum für zum Beispiel eine Steuerreform hat?
Diese Förderungen klingen ja trügerisch, als ob wir damit nur Musikkapellen fördern. Tatsächlich geht es um Förderungen von Kindergärten oder Pflege oder Wohnbau. Hier wollen wir ohnehin 500 Millionen einsparen, aber das macht keine zehn Prozent aus. Und das alleine ist verdammt hart, durchzusetzen. Aber es ist richtig.
Nächstes KURIER-Gespräch am 17.2. um 18 Uhr: Opernball. Hinter den Kulissen – mit Karl Hohenlohe und Lotte Tobisch.
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